
Monika Geier – Alles so hell da vorn
Verlag: Argument
412 Seiten
ISBN: 978-3867542234
Wenn man sehr viele Bücher – in meinem Fall Krimis – liest, dann möchte man meistens etwas, was sich von der Masse abhebt. Eine Krimihandlung, die nicht schon zum x-ten Mal geschrieben wurde, ein neues, unbekanntes Thema und/oder vielleicht eine sprachliche/literarische Besonderheit sollte der Krimi – im besten Fall – auch noch bieten. Und das natürlich neben der durchgehenden Spannung, die für mich einfach zum Krimi dazu gehört. Wenn man so außergewöhnliche Zutaten gewöhnt ist und sich quasi danach die Lefzen leckt, dann kann einem so ein ganz normaler Krimi doch gar nicht mehr gefallen – oder?
Aber sowas wie von! Denn genau das gelingt Monika Geier in ihrem neuen Bettina Boll Krimi: etwas ganz Normales auf wunderbare Weise spannend zu verpacken. Und ganz nebenbei haut sie uns ganz ordentlich noch einige Themen um die Ohren.
Bettina Boll hat einen neuen Fall. Na ja, oder auch nicht. Also eigentlich dürfte sie gar nicht ermitteln, denn ihr früherer Kollege Ackermann ist darin verwickelt. Eine Hure hat ihm seine Waffe abgenommen und ihn erschossen – warum Ackermann in vollständiger Polizeiuniform und mit Waffe auf Bordellbesuch war, kann man sich vermutlich vorstellen, doch nun ist die Hure flüchtig. Als sie kurz darauf in einem kleinen Dorf ankommt, sich als vor Jahren entführtes Mädchen entpuppt und dann den Rektor erschießt sorgt für einen riesigen Aufruhr. Verschiedene Polizeibezirke, Bildung einer Sonderkommission, sehr, sehr junge Huren, Ermittler von damals, traumatisierte Kinder und Eltern – und Bettina Boll mittendrin.
Boll, eigentlich ja nur in Teilzeit, steckt nun mittendrin im Fall, hat aber gleichzeitig noch den Verkauf ihres Erbes, einer alten Villa, die sie von ihrer Tante geerbt hat, abzuwickeln. Das Haus ist düster und dunkel, bringt bei Bettina alte Erinnerungen hoch und lässt sie schwermütig werden – nix wie weg mit dem Ding. Doch da gibt es noch diese verschlossene Tür im Keller, die sie eben erst hinter einem Regal gefunden hat. Bevor der Verkauf über die Bühne gehen kann, muss noch geklärt werden, was hinter der Tür zu finden ist. Nichtsdestotrotz ist Bettina fest entschlossen, den Bau zu veräußern um der alten Wohnung sowie ihrem klapprigen Taunus alsbald Ade zu sagen.
Immer ein wenig müde und erschöpft schleppt sich Bettina durch den Fall, hin und her gerissen zwischen der Ermittlung, der Kinderversorgung, dem Hausverkauf und den Befindlichkeiten aller möglichen Parteien. Ein Balanceakt, den unverständlicherweise Alleinerziehende zumeist ohne jegliche Anerkennung vollbringen müssen. So wie auch Bettina. Teilzeit gilt als Ausrede, Bettina entweder als persönlich betroffen – wegen Ackermann – oder als hochmütige Schnepfe – bei den Kollegen aus der Pfalz, mit denen sie zum Klinken putzen geschickt wird. Doch egal welche Steine ihr in den Weg gelegt werden, Bettina Boll schnüffelt sich den Weg daran vorbei und verfolgt den Fall so, wie sie denkt. So entpuppt sich ein Fehler, eine Unaufmerksamkeit von Bettina als Glückfall für die Ermittlungen, genauso wie ihr untrüglicher Instinkt für Details den Fall nicht nur voran bringt, sondern letztendlich löst.
Bettina Boll ist natürlich das Zentrum, um welches dieser Krimi kreist, doch äußerst lobend muss ich auch erwähnen, dass die Nebencharaktere allesamt höchst charmant daher kommen. Seien es nun die jugendlichen Nutten – ob verhuscht leise oder polternd aggressiv – oder die Pfälzer Kollegen, mit denen Bettina sich reibt, da sie so gar nicht in die Tagesplanung passt und dazu noch das obligatorische, bodenständige und sehr fettige Mittagessen verschmäht. „Des is hausgemacht, des merkt mer, und wemm des net schmeckt, der weeß net, was gut ist.“ (S.216).
Auch Manga, die Hure, welche Ackermann erschossen hat, kommt zu Wort und so offenbart sich auch von dieser Seite das Warum, zeigt eine tief verletzte, aber fürsorgende Seele. So zeigen selbst die kleinen Nebenrollen eine starke Charakterzeichnung und liebevolle Detailarbeit.
Authentizität in ihrer reinsten Form: Bettina Boll als Halbtags-Ermittlerin, Teilzeit-Mutter, Immobilienverkäuferin, Kollegenschreck. Keiner kann nur arbeiten oder nur Mutter/Vater sein – es gibt doch immer tausend Dinge zu planen, zu organisieren, zu erledigen. Ermittler, die sich mit Haut und Haaren den Ermittlungen verschreiben sind doch eher die Ausnahme(und zudem meist Sonderlinge und Einzelgänger) – der Normalfall ist Bettina Boll. Und trotzdem kriegt sie ihren Fall geknackt. So geht Realität. So geht Krimi.
Fazit:
Bettina Boll in Höchstform – wie immer zwischen allen Stühlen, aber mit dem richtigen Instinkt ausgestattet. Ein tiefschwarzer Krimi, der einem listig verpackt die Realität vor Augen hält, und nebenbei ganz wunderbar spannend unterhält. Sehr zu empfehlen!
So, und weil ich nun gerade Lust darauf habe und finde, dass unbedingt mehr Leute Monika Geier lesen sollten, verlose ich ein Exemplar von „Alles so hell da vorn“. Wer mitmachen will, bitte einfach unter diesem Beitrag kommentieren. Das Gewinnspiel endet am 21.05.2017 um 23:59 Uhr. Die Auslosung erfolgt dann in den darauffolgenden Tagen. Und nun – viel Glück!
Das Kleingedruckte
Der Gewinner wird aus allen Teilnehmern ausgelost. Der Name/ Nickname des Gewinners wird nach der Auslosung auf meinem Blog veröffentlicht und der Gewinner außerdem per Email benachrichtigt (bitte denkt also daran, beim Kommentieren eine tatsächlich von euch genutzte Emailadresse zu benutzen). Die Adressdaten des Gewinners werden nur für den Versand benötigt und werden nicht an Dritte weitergegeben. Eine Barauszahlung des Gewinns ist nicht möglich. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Mit der Teilnahme am Gewinnspiel erklärt Ihr euch mit diesen Bedingungen einverstanden.