
Neues Jahr – neuer Schwung? Zumindest im Moment habe ich Lust und Laune, mal wieder etwas auf meinem Blog zu posten. Ob das anhält? Wir werden sehen.
Jedenfalls ist der vor Kurzem im Festa Verlag erschienene neuste Streich von Joe R. Lansdale auf jeden Fall eine Erwähnung wert. Ich wäre ja froh, wenn der Autor beim Festa Verlag eine Konstante werden würden, denn nachdem beim Golkonda Verlag die Hap & Leonard Reihe wohl nicht mehr weitergeht und bei anderen Verlagen der Autor nur sporadisch in Erscheinung tritt, wäre das sehr sehr genial für mich Fangirl. Für mich ist und bleibt Lansdale einer der großen Erzähler des amerikanischen Südens und ja, das bleibt er auch, egal in welchem Genre er schreibt. Gerade die Vielfalt des Autors fasziniert mich, denn bisher konnte er mich auch in Genres, die ich sonst nicht mit der Kneifzange anfassen würde, begeistern. Gerüchteweise habe ich gehört, dass der Festa Verlag in 2023 zumindest schon mal eine weitere Übersetzung von einem seiner Bücher plant…. Juchu!
Kommen wir nun aber zu “Moon Lake”…. Daniel Russell überlebt nur knapp, als sein Vater ihr Auto von einer Brücke in den Moon Lake steuert. Sein Vater sowie das Auto bleiben verschwunden. Doch als Jahre später der Moon Lake austrocknet und das Autowrack freigibt, reist Daniel zurück nach New Long Lincoln. Dort finden sich allerdings nicht nur die Knochen seines Vaters und so macht Daniel sich auf, um die Rätsel des Moon Lake und von Long Lincoln auf den Grund zu gehen.
Nach dem einleitenden und schrecklichen Ereignis geht es erstmal gemächlich los, denn Daniel wird von einer einheimischen schwarzen Familie aufgenommen, bis es dem Sheriff von New Long Lincoln gelingt, seine Tante zu erreichen und diese auch Lust hat, zurück in die USA zu reisen und ihrem Neffen ein Zuhause zu bieten. Nichtsdestrototz liest sich dieser Anfang ganz wunderbar, Lansdale gelingt es wie immer, seinen Leser in den Bann zu ziehen. Da ich erst vor Kurzem “Die Wälder am Fluss” gelesen habe, kamen hier Parallelen auf – die Geschichte beginnt mit einer Art Coming-of-Age Story im ländlichen Süden der USA.
Doch dann schießen wir einige Jahre vorwärts, Daniel Russell ist mittlerweile erwachsen. Er verdient als Journalist seine Brötchen und wohnt noch im Haus seiner Tante, dass er nach ihrem Tod geerbt hat. Als er dann vom Sheriff erfährt, dass der Moon Lake ausgetrocknet ist und das Autowrack seines Vaters aufgetaucht ist, fährt er dorthin um die Leiche bzw. was davon übrig ist, zu identifizieren und damit abzuschließen. Aber, wie so oft, kommt es anders als man denkt, denn das Autowrack hält noch Geheimnisse parat.
Und nicht nur das Autowrack. Denn zurück in New Long Lincoln passieren Daniel einige seltsame Dinge, es gibt Andeutungen und Geheimnisse. Der Autor baut eine unheimliche Stimmung auf, die auf mysteriöse, vielleicht übernatürlich Geschehnisse in New Long Lincoln hindeuten, auch in Bezug auf den Moon Lake, der das “alte” Long Lincoln bedeckt. Vor Jahren wurde Long Lincoln geflutet, doch noch alle Häuser stehen und als der See nun austrocknet, tauchen diese Gebäude wieder auf. Schon alleine diese Tatsache verleiht der Geschichte ihren Reiz.
Wer nun eine ausgefeilte Krimihandlung bzw. Ermittlung seitens Daniel erwartet, liegt nicht ganz falsch. Er betreibt einige Nachforschungen, doch einiges fällt ihm auch in den Schoss oder er stößt zufällig darauf. Insgesamt macht es das aber nicht weniger spannend, denn die unheimliche Atmosphäre, welche das Dorf umgibt, steigert sich weiter, so dass man das Buch kaum aus der Hand legen mag. Mitunter wird es für Daniel sogar gefährlich und er kriegt einige Blessuren ab.
Insgesamt muss ich sagen, dass Lansdale ein wirkliches Gespür für junge Charaktere hat, so dass mir der junge Daniel viel mehr im Gedächtnis haftet, als der erwachsene Daniel. Vielleicht mag es auch ein wenig daran liegen, dass im späteren Verlauf die Stadt mit Ihren Einwohner mehr Gewichtung bekommt und natürlich die düstere, unheimliche Atmosphäre ihren Platz braucht. Aber mir scheint es, als hätte Lansdale einfach ein unheimlich gutes Gespür für junge Charaktere und ihre Wünsche, Träume und Handlungen.
Wer auch “Die Wälder am Fluss” kennt, wird sich am Anfang erinnert fühlen, doch die Geschichten sind sehr unterschiedlich. Während in “Die Wälder am Fluss”, die Krimihandlung und gesellschaftspolitische Themen viel mehr ausgearbeitet sind und das ganze Buch aus Sicht eines Jungen geschrieben ist, findet man hier viel mehr Mysteriöses und Spannendes. Beide haben mir sehr gut gefallen, doch da ich immer Bücher mit mehr “Futter” im Rücken bevorzuge, hat “Moon Lake” ein klitzekleines Bisschen das Nachsehen.
Und nun muss ich leider noch die tolle Vorzugsausstattung der signierten Sonderausgabe erwähnen – “leider”, da diese schon vergriffen ist. Wer also Glück hatte und sich auch den höheren Kaufpreis gegönnt hat, der ist eben nicht nur mit der Signatur von Joe R. Lansdale belohnt worden, sondern auch mit der Signatur – und hier wichtiger: den wunderschönen und passenden farbigen Zeichnungen – von Dirk Berger belohnt worden. Aber keine Sorge, das Buch gibt es auch in der “Must Read” Fassung des Festa-Verlags (eben ohne Signatur und Zeichnungen), sowie als ebook. Ihr könnt also jetzt loslaufen und Euch das Buch holen. Nein, eigentlich müsst ihr das sogar – denn egal wie, Bücher von Joe R. Lansdale lohnen sich und dürfen in keinem Bücherregal fehlen.
Fazit:
Ein ganz wunderbarer Mix aus Coming-of-Age Story und einer unheimlichen, mysteriösen Ermittlung, die man kaum aus der Hand legen mag. Nur zu empfehlen!