Die dunklen Felle

Krimis, Thriller und Science Fiction


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Moon Lake – Joe R. Lansdale

Joe R. Lansdale – Moon Lake, Übersetzung: Patrick Baumann, Festa Verlag, ISBN: 978-3-98676-030-4

Neues Jahr – neuer Schwung? Zumindest im Moment habe ich Lust und Laune, mal wieder etwas auf meinem Blog zu posten. Ob das anhält? Wir werden sehen.

Jedenfalls ist der vor Kurzem im Festa Verlag erschienene neuste Streich von Joe R. Lansdale auf jeden Fall eine Erwähnung wert. Ich wäre ja froh, wenn der Autor beim Festa Verlag eine Konstante werden würden, denn nachdem beim Golkonda Verlag die Hap & Leonard Reihe wohl nicht mehr weitergeht und bei anderen Verlagen der Autor nur sporadisch in Erscheinung tritt, wäre das sehr sehr genial für mich Fangirl. Für mich ist und bleibt Lansdale einer der großen Erzähler des amerikanischen Südens und ja, das bleibt er auch, egal in welchem Genre er schreibt. Gerade die Vielfalt des Autors fasziniert mich, denn bisher konnte er mich auch in Genres, die ich sonst nicht mit der Kneifzange anfassen würde, begeistern. Gerüchteweise habe ich gehört, dass der Festa Verlag in 2023 zumindest schon mal eine weitere Übersetzung von einem seiner Bücher plant…. Juchu!

Kommen wir nun aber zu “Moon Lake”…. Daniel Russell überlebt nur knapp, als sein Vater ihr Auto von einer Brücke in den Moon Lake steuert. Sein Vater sowie das Auto bleiben verschwunden. Doch als Jahre später der Moon Lake austrocknet und das Autowrack freigibt, reist Daniel zurück nach New Long Lincoln. Dort finden sich allerdings nicht nur die Knochen seines Vaters und so macht Daniel sich auf, um die Rätsel des Moon Lake und von Long Lincoln auf den Grund zu gehen.

Nach dem einleitenden und schrecklichen Ereignis geht es erstmal gemächlich los, denn Daniel wird von einer einheimischen schwarzen Familie aufgenommen, bis es dem Sheriff von New Long Lincoln gelingt, seine Tante zu erreichen und diese auch Lust hat, zurück in die USA zu reisen und ihrem Neffen ein Zuhause zu bieten. Nichtsdestrototz liest sich dieser Anfang ganz wunderbar, Lansdale gelingt es wie immer, seinen Leser in den Bann zu ziehen. Da ich erst vor Kurzem “Die Wälder am Fluss” gelesen habe, kamen hier Parallelen auf – die Geschichte beginnt mit einer Art Coming-of-Age Story im ländlichen Süden der USA.

Doch dann schießen wir einige Jahre vorwärts, Daniel Russell ist mittlerweile erwachsen. Er verdient als Journalist seine Brötchen und wohnt noch im Haus seiner Tante, dass er nach ihrem Tod geerbt hat. Als er dann vom Sheriff erfährt, dass der Moon Lake ausgetrocknet ist und das Autowrack seines Vaters aufgetaucht ist, fährt er dorthin um die Leiche bzw. was davon übrig ist, zu identifizieren und damit abzuschließen. Aber, wie so oft, kommt es anders als man denkt, denn das Autowrack hält noch Geheimnisse parat.

Und nicht nur das Autowrack. Denn zurück in New Long Lincoln passieren Daniel einige seltsame Dinge, es gibt Andeutungen und Geheimnisse. Der Autor baut eine unheimliche Stimmung auf, die auf mysteriöse, vielleicht übernatürlich Geschehnisse in New Long Lincoln hindeuten, auch in Bezug auf den Moon Lake, der das “alte” Long Lincoln bedeckt. Vor Jahren wurde Long Lincoln geflutet, doch noch alle Häuser stehen und als der See nun austrocknet, tauchen diese Gebäude wieder auf. Schon alleine diese Tatsache verleiht der Geschichte ihren Reiz.

Wer nun eine ausgefeilte Krimihandlung bzw. Ermittlung seitens Daniel erwartet, liegt nicht ganz falsch. Er betreibt einige Nachforschungen, doch einiges fällt ihm auch in den Schoss oder er stößt zufällig darauf. Insgesamt macht es das aber nicht weniger spannend, denn die unheimliche Atmosphäre, welche das Dorf umgibt, steigert sich weiter, so dass man das Buch kaum aus der Hand legen mag. Mitunter wird es für Daniel sogar gefährlich und er kriegt einige Blessuren ab.

Insgesamt muss ich sagen, dass Lansdale ein wirkliches Gespür für junge Charaktere hat, so dass mir der junge Daniel viel mehr im Gedächtnis haftet, als der erwachsene Daniel. Vielleicht mag es auch ein wenig daran liegen, dass im späteren Verlauf die Stadt mit Ihren Einwohner mehr Gewichtung bekommt und natürlich die düstere, unheimliche Atmosphäre ihren Platz braucht. Aber mir scheint es, als hätte Lansdale einfach ein unheimlich gutes Gespür für junge Charaktere und ihre Wünsche, Träume und Handlungen.

Wer auch “Die Wälder am Fluss” kennt, wird sich am Anfang erinnert fühlen, doch die Geschichten sind sehr unterschiedlich. Während in “Die Wälder am Fluss”, die Krimihandlung und gesellschaftspolitische Themen viel mehr ausgearbeitet sind und das ganze Buch aus Sicht eines Jungen geschrieben ist, findet man hier viel mehr Mysteriöses und Spannendes. Beide haben mir sehr gut gefallen, doch da ich immer Bücher mit mehr “Futter” im Rücken bevorzuge, hat “Moon Lake” ein klitzekleines Bisschen das Nachsehen.

Moon Lake – Joe R. Lansdale, signierte Vorzugsausgabe

Und nun muss ich leider noch die tolle Vorzugsausstattung der signierten Sonderausgabe erwähnen – “leider”, da diese schon vergriffen ist. Wer also Glück hatte und sich auch den höheren Kaufpreis gegönnt hat, der ist eben nicht nur mit der Signatur von Joe R. Lansdale belohnt worden, sondern auch mit der Signatur – und hier wichtiger: den wunderschönen und passenden farbigen Zeichnungen – von Dirk Berger belohnt worden. Aber keine Sorge, das Buch gibt es auch in der “Must Read” Fassung des Festa-Verlags (eben ohne Signatur und Zeichnungen), sowie als ebook. Ihr könnt also jetzt loslaufen und Euch das Buch holen. Nein, eigentlich müsst ihr das sogar – denn egal wie, Bücher von Joe R. Lansdale lohnen sich und dürfen in keinem Bücherregal fehlen.

Fazit:
Ein ganz wunderbarer Mix aus Coming-of-Age Story und einer unheimlichen, mysteriösen Ermittlung, die man kaum aus der Hand legen mag. Nur zu empfehlen!


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Kalt, kälter, St. Peter’s Island: Eisiges Grab – Robert Masello


Robert Masello – Eisiges Grab
Verlag: S. Fischer
Übersetzerin: Maria Poets
604 Seiten
ISBN: 978-3596197156

 

 

 

Waren nun alle anderen Inseln der Romane die ich im Rahmen des Spezials gelesen habe, sommerlich warm bis tropisch, so geht es nun mit diesem Thriller in eisige Kälte. So zeigt sich, dass Inseln, völlig wetterunabhängig, sehr gefährlich sein können, wobei ich bezweifle, dass man sich für den nächsten Urlaub St. Peter’s Island vor der Küste Alaskas aussucht, sondern eher in wärmere Gefilde fliegt. Ich persönlich mag es ja eher kühl bzw. einfach nicht zu heiß, doch auch für mich wäre St. Peter’s Island so gar nichts – wenn man Angst haben muss, dass einem die Nase abfriert, verringert das den Urlaubsgenuss doch ungemein. Aber Frank Slater macht dort ja auch keinen Urlaub, sondern erfüllt einen Auftrag.

Frank Slater ist Epidemiologe und wird mit einem Team, welches er sich selbst zusammen stellen darf, nach St. Peter’s Island geschickt. Kurz vorher hat ein Fischkutter Schiffbruch erlitten und einzig der Kapitän konnte gerettet werden, der sich an einem Sargdeckel festgehalten hat. Dieser Sargdeckel stammt vom Friedhof auf St. Peter’s Island und hat sich durch die geänderten Umweltbedingungen gelöst. Die Insel  war Anfang des 20. Jahrhunderts der Wohnort einer russischen Sekte – solange, bis die Spanische Grippe alle Einwohner dahin gerafft hat. Slater soll nun dorthin, um zu prüfen ob der Erreger, der damals Millionen von Menschen überall auf der Welt getötet hat, im ewigen Eis überlebt hat. Slater hat allerdings zwei Probleme: Nika Tinkook, die Bürgermeisterin von Port Orlov, die unbedingt mit auf die Insel will – schließlich ist es Stammesgebiet – und Harley Vane, den Kapitän, der nicht nur den Sargdeckel gefunden hat, sondern auch ein mit Edelsteinen besetztes Kreuz.

Der Autor arbeitet mit drei Erzählsträngen und webt diese nach und nach ineinander. Zum einen folgen wir Dr. Slater mit seinem Team und Nika auf die Insel, mit viel Ausrüstung und militärischer Unterstützung, zum anderen folgt man Harley Vane, der zwei Saufkumpanen zu der Schatzjagd auf die Insel überreden kann und hofft, die Gräber dem Team zu öffnen und die Schätze zu bergen. Ein weiterer Erzählstrang folgt der jungen Anastasia, der jüngsten Zarentochter Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Romanow Familie ist sehr dem Mönch Rasputin verbunden, vor allem die Mutter, welche sich Heilung für den Sohn erhofft, der an der Bluterkrankheit leidet.

Die Insel bietet natürlich wieder ein besonderes Setting – nicht nur dadurch, dass sie schwer zu erreichen ist und auch Hilfe keineswegs einfach geschickt werden kann, es dort eisig kalt ist und auch nur schwer gegraben werden kann, sondern auch durch den potentiellen tödlichen Virus, die Schatzjäger und das gruselige, halb verfallene Dorf der damaligen Inselbewohner. Zusätzlich dazu hat der Autor noch ein paar schwarze Wölfe auf der Insel angesiedelt. Alles in allem also einige Zutaten, welche die Geschehnisse auf der Insel spannend und temporeich machen. Auch die Einschübe um die Zarentochter sind sehr spannend zu lesen und stören den Lesefluss keineswegs – zumal man sich ja schon denken kann, dass dieser Strang auch etwas mit der Insel zu tun hat.

Bis man sich auf die Insel begibt dauert es allerdings eine Weile, denn tatsächlich starten wir mit Dr. Slater erst mal in Afghanistan. Es werden Vorbereitungen getroffen und man lernt Slater und seine Beweggründe gut kennen. Auch der Rest der Handlung spielt nicht nur auf der Insel, denn … ach, das verrate ich mal nicht, nur so viel: es gibt noch eine spannende Verfolgungsjagd auf eisigen Straßen, im Dunkeln, garniert mit einem Schneesturm. Der Autor zaubert also wirklich alles aus seiner Trickkiste herbei – es passt aber alles hervorragend zusammen. Am Ende wird es sogar noch ein wenig mystisch – aber das mag ich dem Autor verzeihen, denn er hat mir vergnügliche, eisige Lesestunden beschert.

Fazit:
Ein spannender Thriller auf einer eisigen Insel – mit dem Epidemiologen Slater macht man sich auf in den Kampf gegen einen tödlichen Virus, aber auch gegen idiotische Schatzjäger. Das Sahnehäubchen ist dann die eingewobene Geschichte um das Ende der Romanow Familie.

 

Und hier noch Noras Meinung aus dem Kaliber.17 Team, die den Thriller schon 2014 gut fand.


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Vielfältig meisterlich: Der Blutchor – Gary Victor


Gary Victor – Der Blutchor
Verlag: Litradukt
Übersetzer: Peter Trier
116 Seiten
ISBN: 978-3940435231

 

 

Wenn die Rheinzeitung zur Erstauflage von „Blutchor“ vor zehn Jahren schrieb: „Blutig (…), vom Wahnsinn beleckt und zugleich ungeheuer komisch – ein grausiges Vergnügen eben.“, dann, ja dann ist doch klar, dass das Buch unbedingt zu den dunklen Fellen gehört, oder? Zusätzlich ist die Neuauflage der Kurzgeschichtensammlung (welche jahrelang vergriffen war) ein Grund zu feiern, denn dieses Büchlein war das erste, welches der Litradukt-Verlag vor zehn Jahren nach seiner Gründung verlegt hat. Bevor ich also zu meiner ersten Rezension einer Kurzgeschichtensammlung komme, möchte ich dies zum Anlass nehmen und dem Litradukt-Verlag herzliche Glückwünsche übermitteln und natürlich weiterhin tolle Romane und Krimis von schon verlegten, aber auch neuen haitianischen Autorinnen und Autoren wünschen – auf die nächsten zehn Jahre! Gäbe es solches Engagement in kleinen und kleinsten Verlagen – und die Menschen, die hinter diesen Verlagen stehen – nicht, wäre die Literaturlandschaft in Deutschland viel flacher und eintöniger – deshalb meine eindringliche Bitte an alle meine Leser: schaut Euch auch immer bei diesen kleinen, wertvollen Verlagen um, wenn ihr neue Lektüre sucht. Es lohnt sich nicht nur, es bereichert, belebt und begeistert.

Nun aber zur Kurzgeschichtensammlung. Auf den 110 Seiten befinden sich die folgenden 8 Kurzgeschichten, die ich nun in wenigen Wörtern umreißen möchte, um nicht zu viel zu verraten:

Die Kokosnüsse – Wenn Geschichten wahr werden…
Kleinkriminalität – Der Koffer, den (k)einer will
Opfer – Ein Huhn wird ermordet
Die Hand – Nachbarschaftshilfe der anderen Art
Sainsous Pfeife – Rache auf Haitianisch
Der Blutchor –Die Nöte eines Jungen formen den Erwachsenen
Corneille Soissons Schwanz – Tail is money
Elias und der Mann mit den großen Händen – Träume werden wahr
Der Programmierer – Realität…. oder?

Die neun Erzählungen sind sehr unterschiedlich und doch streckt sich Gary Victors Stil durch alle hindurch. Von rabenschwarz-skurril bis beklemmend, von Voodoo bis haitianischer Geschichte, von makaber bis komisch – aber immer Gary Victor. Der Autor überrascht in jeder Geschichte von Neuem mit einer ganz anderen Entwicklung als man sie zu Beginn jemals absehen konnte.

Viel zu schnell ist die Sammlung durchgelesen, doch die Geschichten bleiben in Erinnerung. Und obwohl ich kein Leser bin, der eine Geschichte zweimal oder gar mehrmals liest, ist es mir hier passiert, dass ich einige der kleinen Geschichten nochmal gelesen habe. Bei zwei Geschichten sogar direkt danach nochmal, denn der Autor bringt den Twist so kurz vor dem Ende, dass man ihn fast schon verpasst und einfach nochmal wirken lassen muss.

Auch wenn ich Gary Victor als kritischen Krimiautoren kennen gelernt habe, so sind die Kurzgeschichten keine Krimis. Das Krimiherz kommt meines Erachtens aber trotzdem auf seine Kosten, da die Geschichten einfach spannend, skurril und sehr makaber sind – und durch „Die Hand“. Natürlich spielen alle Geschichten auf Haiti, doch nicht alle sind regierungskritisch, befassen sich auch mit menschlichen Verfehlungen, spielen mit der Realität und Implikationen.

Gary Victor wäre aber nicht er, wenn er nicht hin und wieder sein Haiti aufleuchten lassen würde, auch mal Voodoo auftauchen würde oder die schwere Vergangenheit der Insel zur Sprache käme. Er ist unverrückbar mit Haiti verbunden und die Insel mit ihm – und doch ist er eine der kritischsten Stimmen des Landes, wenn nicht gar die Kritischste. So legt sich ein Besatzer mit einem Boko an und bekommt eine späte Rache zu spüren, aber auch die Kritik an der Korruption der Regierung trotzt aus den Seiten von „Corneille Soissons Schwanz“ nur so heraus. Am längsten in Erinnerung ist mir die titelgebende – und längste – Geschichte „Der Blutchor“  geblieben. Vermutlich da es die beklemmendste Geschichte ist, geht es doch in ihr um Missbrauch.

Fazit:
Skurril, makaber, beklemmend, spannend, kritisch, rabenschwarz – ach, mir gehen gerade die Adjektive aus, um zu beschreiben, wie toll diese Kurzgeschichtensammlung ist. Das ist keine bunte Mischung aus gut, mittelmäßig und so lala – hier sind alle Geschichten kleine Meisterwerke. Eine absolute Kaufempfehlung!

 

Gewinnspiel

Und wer nun betreten und ratlos in seinen schon schwer gebeutelten Geldbeutel blickt und aufgrund massenweise vorhandenen Geschenken den Weg aus der Wohnung und zum Buchladen nicht mehr findet, der hat nun die Möglichkeit das Buch „Der Blutchor“ bei mir zu gewinnen. Die Buchhandlung Schäufele hat mir heute die zwei bestellten Exemplare ausgehändigt und diese suchen nun ein neues Zuhause. Wer also Lust hat, eines der Exemplare zu gewinnen, der schreibt bitte einen Kommentar unter diesen Beitrag – über einen Kommentar mit mehr Inhalt als „Ja, ich will gewinnen“ freut sich mein Bloggerherz, es hat aber keinerlei Auswirkungen auf die Gewinnchancen. Jeder Kommentar erhält ein Los. Das Gewinnspiel endet am 10.12.2017 um 23:59 Uhr. Die Auslosung erfolgt dann ein paar Tage später.


Das Kleingedruckte
Der Gewinner wird aus allen Teilnehmern ausgelost. Der Name/ Nickname des Gewinners wird nach der Auslosung auf meinem Blog veröffentlicht und der Gewinner außerdem per Email benachrichtigt (bitte denkt also daran, beim Kommentieren eine tatsächlich von euch genutzte Emailadresse zu benutzen). Die Adressdaten des Gewinners werden nur für den Versand benötigt und werden nicht an Dritte weitergegeben. Eine Barauszahlung des Gewinns ist nicht möglich. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Mit der Teilnahme am Gewinnspiel erklärt ihr euch mit diesen Bedingungen einverstanden.


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Mysteriös ungelöst: Die Drei – Sarah Lotz

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Sarah Lotz – Die Drei
Verlag: Goldmann
512 Seiten
ISBN: 978-3442313716
14,99 Euro

 

 

 

 

In diesem Beitrag werde ich spoilern. Daraus folgt, dass man diesen Beitrag nur lesen sollte, wenn man das Buch schon gelesen hat, es nicht mehr lesen will oder es einem egal ist, wenn man vorher meine Meinung dazu hört.

Meine Meinung:

„Die Drei“ habe ich bei den Neuerscheinungen gesehen und fand den Klappentext recht interessant. Spontan hat mich das an „Die Saat“ (Hogan/del Toro) erinnert und das hat mir sehr gut gefallen. Dann wurde eine Leserunde eingeläutet und zwar bei MyBooksParadise und ich habe mich spontan entschlossen, dabei mitzumachen.

Der Grundgedanke ist schnell erklärt: 4 Flugzeuge stürzen ab. Jedes über einem anderen Kontinent, aber alle zur gleichen Zeit. 3 Kinder überleben. Und so nehmen die Geschehnisse seinen Lauf. Die Menschen sind misstrauisch und alles Mögliche wird in dieses Ereignis hineininterpretiert. Die Theorien sind vielfältig – die, welche sich halten sind beeinflusst von religiösen Fanatikern (vorranging in den USA, in denen es ja massenhaft Splitterkirchen gibt), Aliengläubigen und Dämonen.

Wirklich sehr gelungen ist der Aufbau von „Die Drei“. Das Buch ist aufgebaut wie ein Unterhaltungssachbuch. Es ist ein Buch in einem Buch. Die Journalistin Elspeth Martins veröffentlicht (ich glaube) ungefähr ein Jahr nach den Vorfällen ein Buch, welches sie mit verschiedensten Sorten bestückt: Interviews, Abschriften von Tonbandaufnahmen, Chatprotokollen, Untersuchungsberichten, etc. Es ist eine wahre Menagerie von Textsorten und es liest sich einfach abwechslungsreich.

Allerdings führt dieser Stil auch dazu, dass mir keine der Hauptfiguren richtig nahe gekommen ist. Alles dreht sich um die drei Kinder und deren Angehörige, Freunde und Nachbarn der Angehörigen und zufällige Zeugen sind die Personen, die in Elspeths Buch zu Wort kommen. Es sind aber wirklich recht viele Personen. Am meisten in Erinnerung ist mir Paul Craddock, der Onkel eines der Kinder, aber die meisten anderen habe ich jetzt schon vergessen. SPOILER: Zudem sind fast alle derjenigen, die man noch als Hauptpersonen bezeichnen kann, am Ende tot, verschwunden oder in der Irrenanstalt.

Die Stimmung im Buch ist durchgehend unheimlich und mysteriös. Man ist wirklich daran interessiert, was hinter den 3 Kindern steckt. Keiner kann so richtig an einen Zufall glauben und irgendwas muss doch an den 4 gleichzeitigen Abstürzen dran sein, oder? Spannung ist also gegeben. Man will wissen, wie es zu den Abstürzen kam, warum ausgerechnet diese 3 Kinder überlebten, warum die Kinder sich nach den Abstürzen so verändert haben, was sie sind, wer sie sind, warum sie sich verändert haben. Man liest sich also zügig durch das Buch, denn man wartet auf die Antworten auf all diese Fragen.

Ein wenig genervt war ich von der übermächtigen religiösen Komponente in diesem Buch. Die religiösen Fanatiker sehen in den 3 Kindern die 4 apokalyptischen Reiter. Klingt komisch? Na ja, nur ein bisschen, denn sie vermuten auch beim vierten Absturz ein überlebendes Kind. Da dies in Afrika mitten in einem Slum runtergekommen ist, war das Chaos dort am größten und aus diesem Grund, könnte man denken, dass dort ein überlebendes Kind nicht aufgefallen ist. Aber man kann diesen religiösen, fanatischen Ausführungen fast nicht folgen, ohne genervt zu sein. So geht es mir allerdings mit allen Büchern, die eine fanatische Komponente haben. Diese uneinsichtige und eingeschränkte Sichtweise auf ein Thema stößt mir negativ auf und ich mag darüber auch nichts lesen. In diesem Buch sind es mal nicht die fanatischen Islamisten, sondern die fanatischen Christen. Aber sonderlich besser macht es das auch nicht.

Alles war ich bisher kritisiert habe, damit kann ich leben. Womit ich nicht leben kann, ist das Ende dieses Buches. Und ab hier spoilere ich wirklich – letzte Chance auszusteigen.
Abgesehen von der Tatsache, dass die wichtigsten Figuren am Ende tot sind, wurden so gut wie keine Fragen beantwortet. Das Ende besagt, dass die 3 Kinder nicht nur wiederkommen, sondern öfters schon da waren. Nicht immer als Kinder und nicht immer in der gleichen Konstellation. Das kann man dann auch im letzten Kapitel sehen, als der Flugzeugabsturz von neuem beginnt, Hiro (eins der Kinder) dort ist und in diesem Fall eine Frau ihre letzte Aufzeichnung nicht schafft. Eine Kleinigkeit ändert sich also. In der Leserunde wurde auch erwähnt, dass die Kinder vielleicht auch an anderen großen Ereignissen in der Menschheitsgeschichte beteiligt waren und diese nach ihrem Gutdünken beteiligt waren, aber das glaube ich irgendwie nicht. Für mich klingt es wie eine „Und täglich grüßt das Murmeltier“ – bloß ohne eine witzigen Bill Murray und leider kein kurzweiliger Film. Ich habe dann spekuliert, ob die Autorin im nächsten Teil wohl ein Buchrecycling vornimmt, denn mit nur kleinen Änderungen, müsste der Hauptteil der Geschehnisse doch gleich oder zumindest ähnlich sein. Doch selbst wenn die Autorin dies nicht tut und ich will ihr das wirklich nicht unterstellen… was genau erwartet mich dann im nächsten Teil? Ein weiteres Buch ohne Antworten? Denn es wird nicht gesagt was die drei Kinder sind oder warum sie dies tun. Und wenn es nicht jemanden wie Bill Murray gibt – dann kriegt auch gar niemand etwas davon mit, das die gleichen Ereignisse immer wieder passieren. Und wenn es jemand gibt – wo war derjenige in diesem Teil? Goldmann bezeichnet das ganze als Thrillerserie und ich bin nicht überzeugt davon, dass dieses Buch ins Thrillergenre passt. Und eine Serie? Da vermute ich eben dann, das auch der nächste Teil mir keine Antworten schenkt – warum auch, im ersten gab es ja auch keine.

Fazit:
Mein Buch war das nicht – zu mysteriös. Ich erwarte zumindest ein paar Antworten am Ende – so ganz ohne Auflösung fühl ich mich verloren und enttäuscht. Und jetzt will ich auch keine Antworten mehr – schon gar nicht, wenn ich da ein Jahr drauf warten soll. Der nächste Teil wandert bei mir auf den Stapel: Falls ich mal alle Bücher, die ich wirklich lesen will, gelesen habe, dann lese ich das Buch. Also vermutlich nie…

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Phil Rickman – Das Gespinst des Bösen

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Phil Rickman – Das Gespinst des Bösen
Verlag: Rowohlt
554 Seiten
ISBN: 978-3499253386
9,99 €

 

 

 

 

Inhalt:
Das Master House von Garway wird in die höchsten Kreise verkauft und soll nun renoviert werden. Doch der Bauleiter Felix und seine Mitarbeiterin Fuchsia lehnen den Auftrag ab, als sie das Haus das erste Mal betreten. Fuchsia will dort etwas Böses gefühlt haben. Der Gutsverwalter ruft Merrily Watkins zur Hilfe. Merrily kann Fuchsia erst nicht so recht glauben, da sie bei der Unterhaltung aus einer berühmten Geistergeschichte zitiert. Doch dann geschieht ein Doppelmord und Merrily fängt an tiefer zu graben…

Meine Meinung:

Zwei verfeindete Familien, die Templer und Prinz Charles – Phil Rickman holt diesmal wirklich alles aus der Trickkiste. Und trotzdem passt alles zueinander und das Lesen macht Spaß und ist spannend.

Rickmans Schreibstil finde ich großartig. Eigentlich stehe ich auf schnelle Texte mit wenig Beschreibungen und Dialogen wie Pistolenschüssen. Bei Rickman sind viele Beschreibungen in den Dialogen verarbeitet, doch es wird trotzdem nie langweilig. Er eröffnet Themen, über die man so noch nicht nachgedacht hat und beleuchtet sie aus Sicht einer Exorzistin… ehm, Verzeihung, natürlich aus Sicht einer Beraterin für spirituelle Grenzfragen. Wie in der ganzen Reihe ist viel Geschichte aus der Gegend zwischen Wales und England enthalten, aber diesmal wird es noch mysteriöser: die Geschichte der Templer wird ausgiebig beleuchtet.

Wie immer ist die Geschichte mit vielen Schichten versehen, die Merrily nach und nach aufdeckt und dabei zwischen zweifeln und dickköpfig weiterermitteln steckt. Merrily, die rauchende Pfarrerin mit einem Liebhaber – so richtig schön unkonventionell und den Aufrechten in der Gemeinde oder auch in der Kirchenhierarchie mitunter ein Dorn im Auge. Dadurch das der Prinz von Wales hinter dem Kauf des Master Houses steckt, ist auch eine politische Ebene geöffnet: Geheimdienst, oberste Kirchenkreise und die Polizei sind mit dabei. Natürlich mischt auch wieder Jane, Merrilys Tochter, ordentlich mit.

Merrily Watkins Mysteries sind im eigentlichen Sinne keine Krimis, sondern wirklich eher Mysteries. Zwar stirbt – wenn ich mich recht erinnere – in jedem Band jemand, doch geht es immer um Merrilys Amt als Beraterin spiritueller Grenzfragen. In den wenigsten Fällen ist die Lösung in der Spiritualität zu finden, sondern eher im allzu Menschlichen.

Fazit:
Ich liebe die Merrily Watkins Mysteries und auch diesen Band fand ich wieder sehr gut. Wer von den Standardkrimis mal eine Auszeit braucht und kein Problem damit hat, ein bißchen in die Tiefen der anglikanischen Kirche und dem Amt der spirituellen Grenzfragen einzutauchen, sollte hier zugreifen. Aber vielleicht ja nicht mit Band 9 sondern mit Band 1: ‚Frucht der Sünde‚.

4 und ein halbes Schaf