Die dunklen Felle

Krimis, Thriller und Science Fiction


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Vielfältig meisterlich: Der Blutchor – Gary Victor


Gary Victor – Der Blutchor
Verlag: Litradukt
Übersetzer: Peter Trier
116 Seiten
ISBN: 978-3940435231

 

 

Wenn die Rheinzeitung zur Erstauflage von „Blutchor“ vor zehn Jahren schrieb: „Blutig (…), vom Wahnsinn beleckt und zugleich ungeheuer komisch – ein grausiges Vergnügen eben.“, dann, ja dann ist doch klar, dass das Buch unbedingt zu den dunklen Fellen gehört, oder? Zusätzlich ist die Neuauflage der Kurzgeschichtensammlung (welche jahrelang vergriffen war) ein Grund zu feiern, denn dieses Büchlein war das erste, welches der Litradukt-Verlag vor zehn Jahren nach seiner Gründung verlegt hat. Bevor ich also zu meiner ersten Rezension einer Kurzgeschichtensammlung komme, möchte ich dies zum Anlass nehmen und dem Litradukt-Verlag herzliche Glückwünsche übermitteln und natürlich weiterhin tolle Romane und Krimis von schon verlegten, aber auch neuen haitianischen Autorinnen und Autoren wünschen – auf die nächsten zehn Jahre! Gäbe es solches Engagement in kleinen und kleinsten Verlagen – und die Menschen, die hinter diesen Verlagen stehen – nicht, wäre die Literaturlandschaft in Deutschland viel flacher und eintöniger – deshalb meine eindringliche Bitte an alle meine Leser: schaut Euch auch immer bei diesen kleinen, wertvollen Verlagen um, wenn ihr neue Lektüre sucht. Es lohnt sich nicht nur, es bereichert, belebt und begeistert.

Nun aber zur Kurzgeschichtensammlung. Auf den 110 Seiten befinden sich die folgenden 8 Kurzgeschichten, die ich nun in wenigen Wörtern umreißen möchte, um nicht zu viel zu verraten:

Die Kokosnüsse – Wenn Geschichten wahr werden…
Kleinkriminalität – Der Koffer, den (k)einer will
Opfer – Ein Huhn wird ermordet
Die Hand – Nachbarschaftshilfe der anderen Art
Sainsous Pfeife – Rache auf Haitianisch
Der Blutchor –Die Nöte eines Jungen formen den Erwachsenen
Corneille Soissons Schwanz – Tail is money
Elias und der Mann mit den großen Händen – Träume werden wahr
Der Programmierer – Realität…. oder?

Die neun Erzählungen sind sehr unterschiedlich und doch streckt sich Gary Victors Stil durch alle hindurch. Von rabenschwarz-skurril bis beklemmend, von Voodoo bis haitianischer Geschichte, von makaber bis komisch – aber immer Gary Victor. Der Autor überrascht in jeder Geschichte von Neuem mit einer ganz anderen Entwicklung als man sie zu Beginn jemals absehen konnte.

Viel zu schnell ist die Sammlung durchgelesen, doch die Geschichten bleiben in Erinnerung. Und obwohl ich kein Leser bin, der eine Geschichte zweimal oder gar mehrmals liest, ist es mir hier passiert, dass ich einige der kleinen Geschichten nochmal gelesen habe. Bei zwei Geschichten sogar direkt danach nochmal, denn der Autor bringt den Twist so kurz vor dem Ende, dass man ihn fast schon verpasst und einfach nochmal wirken lassen muss.

Auch wenn ich Gary Victor als kritischen Krimiautoren kennen gelernt habe, so sind die Kurzgeschichten keine Krimis. Das Krimiherz kommt meines Erachtens aber trotzdem auf seine Kosten, da die Geschichten einfach spannend, skurril und sehr makaber sind – und durch „Die Hand“. Natürlich spielen alle Geschichten auf Haiti, doch nicht alle sind regierungskritisch, befassen sich auch mit menschlichen Verfehlungen, spielen mit der Realität und Implikationen.

Gary Victor wäre aber nicht er, wenn er nicht hin und wieder sein Haiti aufleuchten lassen würde, auch mal Voodoo auftauchen würde oder die schwere Vergangenheit der Insel zur Sprache käme. Er ist unverrückbar mit Haiti verbunden und die Insel mit ihm – und doch ist er eine der kritischsten Stimmen des Landes, wenn nicht gar die Kritischste. So legt sich ein Besatzer mit einem Boko an und bekommt eine späte Rache zu spüren, aber auch die Kritik an der Korruption der Regierung trotzt aus den Seiten von „Corneille Soissons Schwanz“ nur so heraus. Am längsten in Erinnerung ist mir die titelgebende – und längste – Geschichte „Der Blutchor“  geblieben. Vermutlich da es die beklemmendste Geschichte ist, geht es doch in ihr um Missbrauch.

Fazit:
Skurril, makaber, beklemmend, spannend, kritisch, rabenschwarz – ach, mir gehen gerade die Adjektive aus, um zu beschreiben, wie toll diese Kurzgeschichtensammlung ist. Das ist keine bunte Mischung aus gut, mittelmäßig und so lala – hier sind alle Geschichten kleine Meisterwerke. Eine absolute Kaufempfehlung!

 

Gewinnspiel

Und wer nun betreten und ratlos in seinen schon schwer gebeutelten Geldbeutel blickt und aufgrund massenweise vorhandenen Geschenken den Weg aus der Wohnung und zum Buchladen nicht mehr findet, der hat nun die Möglichkeit das Buch „Der Blutchor“ bei mir zu gewinnen. Die Buchhandlung Schäufele hat mir heute die zwei bestellten Exemplare ausgehändigt und diese suchen nun ein neues Zuhause. Wer also Lust hat, eines der Exemplare zu gewinnen, der schreibt bitte einen Kommentar unter diesen Beitrag – über einen Kommentar mit mehr Inhalt als „Ja, ich will gewinnen“ freut sich mein Bloggerherz, es hat aber keinerlei Auswirkungen auf die Gewinnchancen. Jeder Kommentar erhält ein Los. Das Gewinnspiel endet am 10.12.2017 um 23:59 Uhr. Die Auslosung erfolgt dann ein paar Tage später.


Das Kleingedruckte
Der Gewinner wird aus allen Teilnehmern ausgelost. Der Name/ Nickname des Gewinners wird nach der Auslosung auf meinem Blog veröffentlicht und der Gewinner außerdem per Email benachrichtigt (bitte denkt also daran, beim Kommentieren eine tatsächlich von euch genutzte Emailadresse zu benutzen). Die Adressdaten des Gewinners werden nur für den Versand benötigt und werden nicht an Dritte weitergegeben. Eine Barauszahlung des Gewinns ist nicht möglich. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Mit der Teilnahme am Gewinnspiel erklärt ihr euch mit diesen Bedingungen einverstanden.


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Lasse’s Passieren: Heaven’s Gate – Tommy Schmidt


Tommy Schmidt – Heaven’s Gate
Verlag: Culturbooks
357 Seiten
ISBN: 978-3959880213

 

 

 

 

 

Lars Wiesenthal organisiert seit Jahren Rockkonzerte, Bühnenshows und Spektakel. Er ist der Mann, wenn es um Events geht. Mit seiner Agentur „Lasse’s passieren“ hat vor Kurzem wieder ein neues Level erreicht: er hat die Niederkunft einer Celebrity als Event aufgezogen und damit alle Einschaltquoten gesprengt. Als er nun die Nachricht seine Arztes erhält, dass er an einer schweren Krankheit leidet, nach und nach seine Bewegungsfunktionen verlieren und dann sterben wird, ist das also noch lange kein Grund für Lars, genannt Lasse, sich aus dem Business zurückzuziehen. Kurzerhand beschließt er mit seinem letzten Knall zu gehen und macht das Sterben zum Event. Er legt den Grundstein zu „Heaven’s Gate“, einem Center, in dem jeder selbst bestimmen kann, wie und wann er sterben möchte. Und er will selbst sein erster Gast sein.

Ich mache ja gerne mal einen Ausflug in die Zukunft, die uns Autorinnen und Autoren so anbieten. Nun spielt das Buch zwar in die Zukunft hinein, aber das Hauptthema ist es nicht und so zeigt es nur wenig Aspekte, die sich zum Heute hin ändern. Das macht aber gar nichts, denn die Satire von Tommy Schmidt schaut mit einem lockeren Blick auf ein sehr ernstes Thema: aktive Sterbehilfe. Und auch wenn mich das Thema vorher nicht beschäftigt hat, so tut es das nun. Wie sinnvoll ist es, darauf zu warten, zu sterben, wenn man unheilbar krank ist? Nutzt man die Jahre und hofft auf wundersame Rettung? Auf ein Heilmittel, welches doch noch auftaucht? Oder entscheidet man sich hier und jetzt dafür, so Abschied zu nehmen, wie man möchte? Will man sich – oder seinen Angehörigen – Jahre an Schmerzen und Leiden sparen?

Doch das ist nur eine Seite der Medaille. Denn das „Heaven’s Gate“ bietet jedweder Couleur an Sterbewilligen die Möglichkeit, sich zu verabschieden. Auch ohne unheilbare Krankheit. Sinnvoll oder nicht? Nun ja, es wäre kein augenzwinkernder Blick darauf, wenn sich nicht auch die Politik davon Renteneinsparungen versprechen würden und die pensionierten Beamten auf die Barrikaden gingen. Und letztendlich dauert es eine ganze Weile, bevor die letztendliche Entscheidung gefällt ist, da sich der Bau des „Heaven’s Gate“ in das zweite Flughafendesaster wandelt: Demonstranten, Flüchtlinge, Feldhamster, wahnsinnige (und leider falsch rechnende) Architekten, Leichen im Fundament – es scheint als ob das Zentrum nie fertig werden wollen würde. Und derweil all das den Bau verzögert, wird Lasse immer kränker, seine Gliedmaßen werden nach und nach taub, sein Sohn übernimmt die Führung.

„Also, Lasse, du hast da neulich was gemailt zum Thema Phowa-Meditation. Das hat uns nochmal brainstormen lassen, wie wir die Customer Experience noch nach vorn raus erweitern können. Da liegt noch jede Menge Potenzial! Für das Heaven’s Gate bedeutet das, dass wir weit vor einem geplanten Abschied bereits Dienstleistungen anbieten. […] Als Added Values, weitere positive Aufladung des Markenkerns und eigenständiges Profitcenter.“ (S. 56)

Es war richtiggehend gruselig, wie sehr mich manche Stellen an mein eigenes Leben erinnert haben, und auch wenn es mir mitunter den Spiegel vors Gesicht gehalten hat, hab ich doch – zum Glück – meistens darüber schmunzeln und auch einige Male herrlich darüber lachen können. Der Blick auf die Realität sollte immer über eine Satire erfolgen. Es ist einfach zu herrlich. So gelingt dem Autor damit nicht nur, die Business-Welt auf die Schippe zu nehmen, sondern das ernste Thema der Sterbehilfe elegant zu verpacken. Eine Lektüre, die Spaß macht, aber auch gleichzeitig zum Nachdenken anregt.

Das alles wird durch Lasse Wiesenthal getragen, durch den die Geschichte erzählt wird. Sein langsamer Verfall, der nur mehr als langsam voranschreitende Bau des „Heaven’s Gate“ und die gut gemeinte Übernahme durch seinen Sohn lassen Lars reflektieren und bieten eine spannende Vergangenheit, in der er alles mitgenommen hat, aber auch einige zurückgelassen hat. Ein ehrlicher Blick zurück und ein keineswegs unrealistischer Blick in die Zukunft. Mit guten, aber auch mit schlechten Eindrücken über die aktive Sterbehilfe. Segen oder Fluch? Hilfe für Schwerkranke oder kostensparendes Mittel für die überalternde Gesellschaft?

Fazit:
Vom herzhaften Lachen bis zum Kloß im Hals – hier ist alles dabei. Tommy Schmidt präsentiert einen ernsten aber nicht todernsten Blick in die sehr nahe Zukunft. Bedenkenswertes Thema, satirisch verpackt. Sehr gelungen.


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Nadel, Faden, Hackebeil – Tatjana Kruse

Nadel Faden Hackebeil
Tatjana Kruse – Nadel, Faden, Hackebeil

Verlag: Knaur
348 Seiten
ISBN: 978-3426504284
8,99 €

 

 

 

Inhalt:
Kommissar a.D. Seifferheld stolpert bei seinem Besuch im örtlichen Souvenirgeschäft über die Leiche der Inhaberin, Kiki Runkel. Fast zeitgleich wird Lambert von Bellingen, Lokalpolitiker und Unsympath, in der Herrentoilette eines Parkhauses niedergestochen. Es stellt sich raus, dass Kiki die Geliebte von Lambert war, doch hängen die beiden Morde zusammen? Während das LKA den Mord an von Bellingen bearbeitet, ist der Fall von Kiki Runkel bei Seifferhelds Ex-Kollegen gelandet. Doch Seifferheld vermutet einen Zusammenhang. Er kann es natürlich nicht lassen und mischt auf eigene Faust die Schickeria von Schwäbisch Hall auf…

Meine Meinung:
Frau Kruse hat es nochmal geschafft! Bei der Lektüre dieses Buches musste ich durchgehend schmunzeln. Schon beim Personenregister am Anfang des Buches fangen die Mundwinkel an zu zucken und das hört während des Krimis nicht mehr auf.

Schon allein Siegfried Seifferheld, sein Hund Onis (eigentlich Aeonis vom Entenfall) und sein Harem (=seine Schwester, seine Tochter und seine Nichte) nebst Lebensgefährten (und Mozes, den Bruder eines der Lebengefährten) erleben so einiges in dem Krimi und erstaunt folgt man den Seifferhelds von einer Katastrophe in die nächste. Aber nichts ist so schön wie eine Familie, denn da sind die Katastrophen doch weniger schlimm. Auch wenn Seifferheld versucht sich aus den Angelegenheiten seines Harems rauszuhalten, gelingt ihm das mehr schlecht als recht. Ganz nebenbei übernimmt er noch das Kommando über VHS-Kochkurs für Männer und muss die untalentierten und ahnungslosen Männer auf eine Kochshow vorbereiten.

Außerdem ist Siggi Seifferheld natürlich damit beschäftigt, die Mordfälle zu lösen und begibt sich dafür in die Schwäbisch Haller Schickeria – als Kunstkenner. Ganz unverschämt schmuggelt er sich in die Trauerfeier von Lambert von Bellingen, befrägt benachbarte Ladenbesitzer und Geliebte. Dazwischen steht er bei der neuen Sekretärin auf der Matte um in der Ermittlungsakte zu schnüffeln und „belästigt“ seine früheren Kollegen. Siggi gibt wirklich alles und kommt den Täter immer näher… Das Finale hält dann noch einige Überraschungen bereit – hauptsächlich allerdings privater Natur.

Ich mag den Kriminalfall nicht wegreden, aber natürlich macht hier den Reiz des Buches der Humor aus. Der Fall läuft jetzt nicht nebenher, Seifferheld ermittelt schon und bleibt hartnäckig, aber die Erlebnisse um und mit Seifferheld sind eben einfach im Vordergrund und saukomisch.

Fazit:

Eine gelungene Krimi-Komödie, die einen durchgehend schmunzeln lässt. Der Kriminalfall war nicht super spektakulär, aber das Drumherum, humorig verpackt, war einfach originell und komisch.
Von mir gibt es 4 Schafe.

4 Schafe

 

 

Weitere Fälle mit Kommissar Seifferheld (a.D.):
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Kreuzstich Bienenstich Herzstich (1. Fall)
Finger, Hut und Teufelsbrut (3. Fall)
Gestickt gestopft gemeuchelt (4. Fall)
Sticken, stricken, strangulieren (5. Fall)


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Gesa Gauglitz – Stirbwohl

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Gesa Gauglitz – Stirbwohl
Verlag: KBV
343 Seiten
ISBN: 978-3942446945
9,90 Euro

 

 

Dieses Buch habe ich auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse erworben und neben der Steam Punk Anthologie war das wohl das außergewöhnlichste Buch. Es ist rosa – ein rosa Krimi. Ich mag ja nicht an Vorurteilen festhalten, aber rosa Krimis kenne ich nun doch kaum – oder besser gesagt eigentlich sonst gar keinen. Nichtsdestrotrotz wurde es mir von einer Mitarbeiterin am Stand wärmstens empfohlen und immerhin steht ‚Kriminalroman’ auf dem Cover, es ist im KBV erschienen und der Cupcake auf dem Cover hat kleine pastellfarbene Kreuze…. ich war seeeeehr gespannt, wie mir diese Buch wohl gefällt.

Inhalt:

Sophie und Valerie sind beste Freundinnen. Schon von Kindheit an. Valerie ist nicht nur charakterlich fantastisch – nett, offen, hilfsbereit, etc. – sondern sie hat in ihrem Leben auch alle ihre Wünsche erfüllt bekommen: Sie hat einen supertollen Job als Star-Lektorin, einen liebevollen Mann und zwei Kinder, ein weiteres Baby ist unterwegs, eine Traumvilla als Zuhause und finanziell läuft auch alles gut. Sophie hat das alles nicht. Sophie hat nur Valerie, einen Assistentinnenjob im Verlag, keinen Freund und eine kleine, enge Wohnung. Kein Wunder, dass Sophie neidisch auf Valerie ist, ja sie sogar hasst. Und nach so langer Freundschaft hat sie jetzt genug. Sophie versetzt Valerie einen ‚Schubs’, der tödlich endet und nimmt nach und nach Valeries Platz ein…

Meine Meinung:
Vorab muss ich sagen, dass ich mir das Buch im Laden nie gekauft hätte. Rosa passt einfach nicht in den Bereich Spannungsliteratur. Die kleinen Kreuze fallen da auch nicht so auf und so wäre das Buch im Laden von mir links liegen gelassen worden. Auch muss ich sagen, dass die Betitelung ‚Kriminalroman’ hier sehr weit gefasst ist. Die Polizei taucht mal kurz auf und ansonsten beginnt höchstens Bea, die dritte Freundin im Bunde, am Ende nachzuforschen und ein bißchen zu ermitteln. Ja, es sterben dort Menschen, doch das passsiert auch in Romanen, historischen Romanen, Fantasy, etc. (hab ich gehört zumindest gehört… ;-)). Warum dieses Buch also den Aufdruck ‚Kriminalroman’ trägt ist mir doch schleierhaft.

Der Schreibstil von Gesa Gauglitz gefällt mir gut. Wie in den meisten humorvollen Frauenromanen ist er einfach, aber schnell wegzulesen und hat eine gehörige Portion schwarzen Humor in sich. Die Kapitel sind unter den unterschiedlichen Figuren aufgeteilt, so dass man immer wieder eine andere Perspektive hat. Sogar Labrador, der Familenhund, darf ein Kapitel sein eigen nennen. Ein-, zweimal bin ich hier durcheinander gekommen, doch im großen und ganzen fand ich das innovativ und sehr abwechslungsreich.

Die meisten Charaktere lernt man – eben durch die unterschiedlichen Perspektiven – sehr gut kennen, da man diese eben dann nicht nur aus Sicht einer Figur erlebt, sondern alle ‚Innenleben’ der Figuren kennenlernt. Sophie selbst erschien mir am Anfang sogar noch harmlos, doch nach und nach offenbart sich ihre psychopathische Seite. Vor allem in den Gesprächen mit Richard, Valeries Ehemann, kann man das beobachten. Wie Sophie es immer wieder hindreht, dass alles nach ihrem Plan läuft ist schon beeindruckend – und auch beängstigend. Richards Charakter hingegen erscheint mir mitunter ein bißchen lasch. Vor allem in den Situatinen, in denen Sophie und Antonia, Richards und Valeries Tochter, unstimmig sind. Alles in allem finde ich die Charaktere aber sehr stimmig, was vermutlich schon daran liegt, dass man die Erlebnisse aus der Perspektive jedes Charakters mitbekommt.

Das Buch war sehr gut durchzulesen, doch ich hatte ein paar Spannungshöhen und –tiefen. Vor allem der Anfang liest sich ‚gschwind’ durch, doch ab so Seite 100 flaut es etwas ab. Dazwischen hatte ich Kaptitel, die mir mehr gefielen, welche die mir weniger gefielen. Am Ende hin spitzt es sich zu und die Spannung ist fast greifbar. Man hat schon so viel von Sophie aushalten müssen, dass man einfach mit den anderen mitfiebert. Man will, dass sie jetzt endlich erkennen, wie manipulativ und rücksichtslos Sophie ist und das Lügenkonstrukt zusammenbricht. Darf man am Ende aufatmen oder überrascht einen die Autorin? Da möchte ich hier nicht verraten, aber so viel: Selbst wenn das Ende vorhersehbar wäre, ist die Idee des Buches und die Umsetzung so gut gelungen, dass man es durchweg empfehlen kann.

Fazit:
Kein Kriminalroman, aber ein spannender, humorvoll-rabenschwarzer Roman um eine Psychopathin als beste Freundin. Gerade weil es in kein Raster so richtig reinpasst, bekommt es von mir 5 Schafe.

5 Schafe


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Grabt Opa aus! – Tatjana Kruse

Auf der Leipziger Buchmesse habe ich mir Tatjana Kruses Lesung zu ‚Grabt Opa aus!‘ angehört und war danach restlos begeistert. Frau Kruses Stil vorzutragen war wirklich äußerst gelungen. Natürlich wurde das auch durch den wunderbar schwarzhumorigen Text unterstützt.

Tatjana Kruse auf der Leipziger Buchmesse 2014

Tatjana Kruse auf der Leipziger Buchmesse 2014

Nach der Lesung habe ich es mir signinieren lassen und hab sogar eine Autogrammkarte abstauben können. Und schon am Sonntag, nachdem wir von der Buchmesse heimgefahren waren, habe ich das Buch angefangen und ausgelesen. Zugegebenermaßen hat das Buch nur etwas mehr als 200 Seiten, nichtsdestrotz war es so schnell gelesen, weil es unglaublich Spaß gemacht hat.

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Grabt Opa aus! – Tatjana Kruse
Verlag: Haymon Verlag
216 Seiten
Taschenbuch
ISBN-13: 978-3852189567
9,95 €

 

 

 

 

Inhalt:
Alfie Gänswein ist von jeher ein Mensch, der sich eher durchs Leben treiben lässt, als aktiv sein Leben zu bestimmen. So ist er ganz zufrieden mit seinem Leben als Aushilfe in einem Café, mit der kleinen, von der Chefin initiierten Affäre und seiner kleinen Einzimmerwohnung. Doch als seine Chefin schwanger wird und der Chef davon erfährt, trifft es sich doch ganz gut, dass er einen Brief zur Testamentseröffnung seines Onkels Matze Gänswein erhält. Schnell ergreift er die Flucht und macht sich auf ins schöne Tirol, genauer gesagt nach Seefeld. Alfie erbt eine Pension, das Waldschlössl, direkt am See und beginnt kurzzeitig von sich als ‚Schlösschenbesitzer‘ zu träumen. Alfie hat sich aber zu früh gefreut, denn es stellt sich heraus, dass die Pension eine Seniorenresidenz der ganz besonderen Art ist. Schon bald überschlagen sich die Ereignisse und Alfies ruhiges Leben ist vorbei….

Meine Meinung:
Das Rückcover bezeichnet diesen Krimi als „schräg, schwungvoll, spannend und rabenschwarz“. Und das trifft es hundertprozentig. Frau Kruse hat nicht nur einen lockeren, leicht zu lesenden Sprachstil, sondern auch eine Menge schwarzen Humor. Alfie ist eine graue, aber mitunter zwangsgesteuerte Persönlichkeit. Die Geschichte lebt davon, dass dieser farblose Mensch mitten im Trubel landet und damit umgehen muss. Als besonderes Schmankerl kann Alfie sich keine Namen merken und so werden aus den Pesionsbewohnern Jeff Bridges, Mareille Matthieu und Mosche Dajan. Auch Ratte Yussef sorgt immer wieder für ein Schmunzeln. Die Attentäter sind zwar alle recht flach, doch insoweit skurril und schrullig, dass ein näheres Kennen nicht nötig ist und man sich trotzdem gut an sie erinnert.

Die Handlung dreht sich – und hier hoffe ich, dass ich jetzt nicht spoilere – natürlich um die ehemaligen Attentäter, die das Waldschlössl beherbergt, und die Tatsache, dass Alfie hier als neuer Besitzer Einzug hält. Die ‚Attentäter‘ nehmen ihn skeptisch aber auch erwartungsvoll auf, doch natürlich trauen sie ihm auch nicht über den Weg. Wer weiß, ob Alfie nicht vielleicht zur Polizei geht. Und dann ist da noch Augusto Esterhuysen, der Alfie unbedingt das Waldschlössl abkaufen möchte. Neben all der ‚Rabenschwärze‘ musste die Handlung auch nicht leiden und ist logisch aufgebaut und gut durchdacht.

Fazit:
Ein absolut lesenswerter Krimi – nicht traditionell, aber schräg, witzig und innovativ. Von mir gibt es 5 Schafe…. und ich muss gleich mal gucken, was Frau Kruse sonst noch so fabriziert hat… ;-)

5 Schafe