Die dunklen Felle

Krimis, Thriller und Science Fiction


Ein Kommentar

Gewaltig episch: Das Kartell – Don Winslow

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Don Winslow – Das Kartell
Verlag: Droemer Knaur
Übersetzer: Chris Hirte
830 Seiten
ISBN: 978-3426304297
16,99 €

 

 

 

Einige Jahre hat Winslow an dem Nachfolger zu „Tage der Toten“ gearbeitet. Und das merkt man dem Thriller in mehrfacher Weise an. Nicht nur, dass es immens dick ist und mit 830 Seiten schon ein strammes Lesen erfordert, wenn man „nebenher“ noch arbeitet und das Buch nicht über Wochen lesen möchte. Sondern auch die Masse an Informationen, die Winslow hier recherchiert und verarbeitet hat, ist gewaltig beeindruckend. Ich glaube, ich hab schon mal erwähnt, dass ich mich nicht mehr so genau an „Tage der Toten“ erinnern kann, ist ja auch schon eine Weile her. Das war aber überhaupt kein Problem, das Buch lässt sich problemlos ohne Vorlektüre des Vorgängers lesen, wobei natürlich schon einige Personen und Ereignisse wiederkehren bzw. darauf Bezug genommen wird, allerdings nie ohne den Hintergrund kurz zu vermitteln.

Art Keller ist zurück. Als Adàn Barrera, früher sein bester Freund, heute sein Erzfeind, einer der mächtigsten Drogenbosse Mexikos, ein Kopfgeld auf Art Keller ausgibt und kurz darauf aus dem Gefängnis entkommt, entspinnt sich eine Vendetta zwischen den beiden, die sich über mehrere Jahre hinzieht und mit Leichen wahrlich nicht geizt.
Und mehr Inhalt gibt es von mir schon gar nicht. Das Buch spielt in einem Zeitraum von zehn Jahren und verteilt sich auf verschiedene Perspektiven, nicht nur auf Art und Adàn. Es geht um Gebiete und Geld, um Macht und Blutschwüre, um Familie und Liebe. Drogen sind irgendwie fast nur eine Nebensache. Und um Gewalt und massenhaft Leichen. Ehrlich, gefühlt hat Winslow halb Mexiko nieder gemetzelt und obwohl ich hier nicht zimperlich bin, war ich der Leichen und der exzessiven Gewalt doch schon recht überdrüssig, als ich das Ende des Buches erreicht hatte.

Nichtsdestotrotz ist „Das Kartell“ ein beeindruckendes Buch. Die Recherche hinter diesem Buch muss schier endlos gewesen sein, der Aufbau trotzdem logisch und ab folgend und die Struktur einwandfrei. Das Konstrukt ist so vernetzt und verzwirbelt, dass ich maßlose Bewunderung für Winslow hege, wenn er immer wusste, wer gerade auf welcher Seite steht und wer welche Absprachen getroffen hat. Die Perspektivwechsel bringen Abwechslung in den Thriller, denn nicht immer passiert etwas bei Art oder Adàn, denn oft bestehen deren Aktionen aus Warten und Ausharren. Und so haben andere tragende Figuren ihren Anteil zur Handlung.

Winslow zeigt auch dieses Mal die Macht der Drogenkartelle, aber auch wie wackelig und instabil dieses Konstrukt ist. Auch die staatlichen Verwicklungen kommen nicht zu kurz, so dass man sich schon ab und an fragt, ob es noch einen einzigen Politiker in Mexiko gibt, der nicht einem der Kartelle hörig ist und von diesem Schmiergeld annimmt. Diejenigen, welche leiden müssen, sind wie immer die Armen, die Unterschicht. Sie stehen zwischen den Fronten und werden als völlig ersetzbar eingestuft. Auch die Presse ist in Bedrängnis, ob nun durch Schmiergeld oder durch Gewalt. Denn wenn Geld es nicht richtet, richten es die Waffen. Ein sehr niederschmetterndes Bild, welche Winslow eindringlich und realistisch zeichnet. Besonders erschütternd und schwer zu verkraften ist der Untergang der Stadt Juarez, den die Kartelle zu verantworten haben. Diese Stadt wird so hart umkämpft, dass sie sich von einer lebhaften Stadt zu einer Geisterstadt entwickelt.

Fazit:
Ein Epos, der seinesgleichen sucht. Hervorragend recherchiert, trotz der Fülle an Personen und Informationen logisch aufgebaut, eindringlich und realistisch. Nichtsdestotrotz gab es für meinen Geschmack zu viel Gewalt und Leichen – diese Orgie hat das Buch nämlich gar nicht nötig.


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Roadmovie: Angel Baby – Richard Lange

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Richard Lange – Angel Baby
Verlag: Heyne
350 Seiten
ISBN: 978-3453437937
9,99 €

 

 

 

 

Ein mexikanischer Drogenboss, seine Geliebte, ein Auftragsmörder, ein korrupter Bulle und ein Wrack treffen an der mexikanischen Grenze aufeinander. Was erst mal wie der Beginn eines schlechten Witzes klingt, umfasst die fünf Hauptpersonen in Richard Langes Thriller „Angel Baby“. Jeder angetrieben von einem Wunsch kleben sie aneinander wie Kaugummi, bis die Kaugummiblase zerplatzt.

Luz ist die Geliebte von Rolando, einem narco, der unweit der mexikanischen Grenze seine Drogengeschäfte betreibt. Rolando – oder auch El Principe – hat sie von El Samurai geerbt und wie das so üblich ist, ist er eifersüchtig bis zum Haaransatz und hält Luz mehr oder weniger in seinem Haus gefangen. Luz hat aber eine kleine Tochter, von der Rolando nichts weiß, und beschließt, dass es Zeit ist, Rolando zu verlassen und ihre Tochter wiederzusehen. Sie schießt die beiden Angestellten nieder und türmt mit dem Geld und der Waffe aus Rolandos Safe.

Malone schafft im Auftrag von Freddy pollos (Illegale) über die Grenze. Meist mehrere im Kofferraum eingezwängt, doch es gibt auch Sonderbehandlungen. Luz bekommt diese und darf vorne mitfahren – ein Grenzbeamter wurde bestochen. Der wiederum weiß von Luz‘ Geld und denkt sich, das wäre doch ein nettes steuerfreies Sümmchen und holt Thacker ins Boot. Ja, und dann ist da noch Jerónimo, der eigentlich gerade im Knast sitzt, aber von El Principe rausgeholt wird, um Luz zurückzuholen. Nicht ganz freiwillig, denn El Principe hält seine Familie als Druckmittel gefangen.

Eine wilde Hetzjagd von Mexiko bis in die USA beginnt und reißt die Protagonisten in einem rasanten Strudel hinfort. Jeder verfolgt sein Ziel, doch die unterschiedlichsten Bündnisse werden geschlossen und wieder aufgetrennt. Es wird geschossen, gestochen und geprügelt, es fließt Blut und viele Tränen. Schon seltsam, wie alle – außer dem narco – eigentlich gut oder zumindest nicht grundsätzlich böse sind und doch ständig Böses tun. Jerónimo möchte seine Familie befreien und liefert dafür Luz ans Messer, Thacker ist scharf aufs Geld und liefert so ziemlich jeden dafür aus, Malone verliebt sich in Luz und entwickelt ungeahnte Kräfte, Luz ist getrieben von ihrer Sehnsucht nach ihrer Tochter und tut dafür fast alles. Jeder hat ein Ziel, einen Wunsch und die Regeln und Moral fallen und verfallen.

Die Atmosphäre erinnert stark an einen Roadmovie. Staubige Straßen zwischen Mexiko und den USA, trostlos, aber brüllend heiß. Geröll und heißer Sand – eine Wahnsinnskulisse. Und in diesem Setting suchen alle Beteiligten ihre persönliche Freiheit und verstricken sich in einen dunklen Sumpf, rund um den Drogenboss Rolando. Die Handlung spielt nicht nur auf der Straße, doch die Reise/Flucht an sich steht bei Luz, Malone und Jerónimo für die Suche nach einer Heimat, einem Ziel. Einem Platz, an dem keine Dunkelheit mehr herrscht. Doch bevor irgendjemand dort ankommt, macht Rolando – und auch Thacker – es allen recht schwer. Doch auch die drei „Suchenden“ sind keineswegs rechtschaffen und gut. Sie möchten es zwar gerne sein – doch dafür gehen sie über Leichen. Es gibt eben kein Schwarz und Weiß – es gibt nur Grau. Das allerdings in den verschiedensten Schattierungen.

Einziger Schwachpunkt war für mich das gute Ende. Das Happy End hat der Geschichte irgendwie die Luft genommen. Ja, klar, als Leser möchte man vielleicht immer, dass die Guten gewinnen, aber realistisch ist das nicht. Und ein deprimierendes Ende hat doch meist mehr Potential.

Fazit:
Ein kurzweiliger und spannender Roadmovie von Mexiko in die USA, der 5 Schicksale nach und nach verknotet und in einem wahren Lichtrausch explodieren lässt und (leider) mit einem Happy End endet.

4 Schafe


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Stefan Mühlfried – Der steinerne Zeuge

der steinerne zeuge

Der steinerne Zeuge – Stefan Mühlfried
Verlag: Sieben Verlag
337 Seiten
ISBN: 978-3864433443
14,90 €

 

 

 

 

Inhalt:
Vor 20 Jahren ist Davids Vater auf einer Expedition verschollen, doch nun erhält er ein Päckchen mit einer antiken Statue von ihm. Schon kurz nach Erhalt versucht jemand ihm die Statue zu stehlen und desweiteren reisst das Päckchen alte Wunden auf. David fragt sich erneut, was damals mit seinem Vater geschehen ist. Die Expedition war privat finanziert und geheim, so dass damals gar nicht richtig nach seinem Vater gesucht wurde, doch das Päckchen enthält als Packpapier alte Zeitungsausschnitte, die einen Hinweis geben: Mexiko. David macht sich auf nach Mexiko und trifft dort die junge Archäologin Kira, die er überredet mit ihm auf eine ungewisse Expedition zu gehen und nicht nur nach dem Verbleib seines Vaters sondern auch nach einem geheimnisvollen Schatz zu suchen. Doch er ist nicht der einzige, der den Schatz sucht….

Meine Meinung:
Ich lese wirklich gerne Abenteuerromane und für mich fallen die in die Kategorie Krimi/Thriller einfach mit rein. Spannend sind diese ja meist und somit ist doch zumindest das wie bei Thrillern, die ja auch nicht in ein Schema passen, sondern oft von unterschiedlichsten Themen handeln, aber trotzdem gemein haben, dass sie spannend sind. Diesen Abenteuerroman habe ich bei der Leserwelt gewonnen und hiermit bedanke ich mich herzlich für den Gewinn und die tollen Lesestunden damit.

Der Verlag und der Autor sind mir neu. Irgendwie kommen mir die Seitenränder schmaler vor als bei anderen Büchern/Verlagen und da musste ich mich kurz dran gewöhnen. Der Autor, Stefan Mühlfried, hat einen flüssig zu lesenden, leichten Schreibstil, die Kapitel sind mitunter lang, doch sie enthalten Unterkapitel, so dass man auch mal kurz ein paar Seiten dazwischen schieben kann.

David Rost, der Protagonist, ist mir nicht immer sympathisch gewesen. Er ist getrieben von der Unwissenheit, was damals mit seinem Vater geschah, doch trotzdem benötigt er einen Schubs, damit er auf die Suche geht. Das Verhältnis zu Gerhard, seinem Stiefvater, wird immens zerrüttet und David ist dann eine Weile nur damit beschäftigt, auf ihn wütend zu sein. Kira, die Archäologin, begibt sich nur ungern und gezwungenermaßen mit David auf Expedition. Letztendlich gleicht sie sein Temperament aus und stößt ihn manchmal in die richtige Richtung. Vor allem in Bezug auf Davids Stiefvater, der wie sein Vater Archäologe ist. Über Belmont, den anderen Schatzjäger, gibt es nicht viel zu sagen – er ist eben der typische Bösewicht und Gegenpart.

Die Schatzsuche dreht sich um Teotihuacán, eine antike Ruinenstadt in Mexiko, genauer gesagt, um die Kultur, die hinter dieser Stadt steht, denn darüber ist sehr wenig bekannt, da es keine schriftlichen Quellen gibt. Man geht davon aus, dass es eine reiche Kultur war, denn Teotihuacán war ein Handelszentrum. Der Niedergang der Stadt ist noch heute ein Rätsel. Die Jagd nach dem Schatz findet aber nicht in der Stadt statt, sondern an einer anderen Stelle – ich bin mir nicht sicher, ob es diese wirklich gibt, doch der Autor hat hier Authentizität einfließen lassen: es gibt dort viele Wandmalereien und auch die Statue, die David erhält, spielt eine zentrale Rolle. Beides Nachweise, die von dieser unbekannten Kultur hinterlassen wurden. Zugegebenermaßen hätte ich über diese Kultur gerne mehr erfahren und musste jetzt Wikipedia bemühen.

Das Geheimnis um Davids Vater löst sich ungefähr in der Mitte des Buches und ich war schon ein bißchen baff. Ich hab mich schon gefragt, was wohl jetzt noch kommt, denn für David war es ja seine eigentliche Suche, festzustellen, was mit seinem Vater passiert ist. Doch natürlich muss noch der Schatz gefunden werden! Insgesamt ist David in der zweiten Hälfte in seinen Handlungen recht eingeschränkt und von anderen getrieben, so dass mir das Lesen da nicht mehr ganz so viel Spaß gemacht hat wie im ersten Teil. Das Ende hat mich dann aber doch einigermaßen überrascht. Und so soll es dann ja auch sein!

Fazit:
Ein spannender Abenteuerroman mit einigen kleinen Schwächen, vor allem hätte ich mich über mehr Infos über die verschwundene Kultur um Teotihuacán gefreut. Nichtsdestotrotz hatte ich tolle Lesestunden und vergebe 4 Schafe.

Vielen Dank nochmal an die Leserwelt für diesen Buchgewinn!

4 Schafe