Die dunklen Felle

Krimis, Thriller und Science Fiction

Fazit – Blogspezial Dystopische Literatur, gemeinsam mit Wortgestalt-Buchblog

12 Kommentare

Nach zwölf Rezensionen, vielen, vielen tollen Kommentaren und Diskussion sowie einigen anderen aufregenden Dingen (kurz vor knapp lesen, rezensieren oder vergessen zu veröffentlichen – zumindest von meiner Seite) gibt es nun heute ein Fazit zu unserem gemeinsamen Blogspezial Dystopische Literatur. Philly und ich haben uns separat Gedanken gemacht, natürlich basierend auf den Büchern, die wir jeweils gelesen haben, aber wir wollten trotzdem eine gemeinsame Struktur, um Euch durch unsere Fazit-Beiträge zu führen. Zur gleichen Zeit wird Phillys Fazit online gehen – und hier ist auch schon der Link zu Phillys Fazit.
Vorab möchte ich mich ganz herzlich für die regen Kommentare und Diskussionen bedanken – tatsächlich hat noch keine meiner Krimirezensionen solch ein Feedback verursacht. Ich war geflasht und sehr glücklich darüber. Vielen Dank an Euch!

Bevor ich nun loslege, lasst uns nochmal einen Blick auf die Liste der gelesenen Bücher werfen – mit Verlinkung zu den Beiträgen:

05.02.2018 E. M. Forster – Die Maschine steht still (Wortgestalt)
07.02.2018 Jewgeni Samjatin – Wir (Die dunklen Felle)
09.02.2018 Ray Bradbury – Fahrenheit 451 (Wortgestalt)
11.02.2018 Anthony Burgess – Clockwork Orange (Die dunklen Felle)
13.02.2018 Philip K. Dick – Der dunkle Schirm (Wortgestalt)
15.02.2018 Margaret Atwood – Oryx und Crake (Die dunklen Felle)
17.02.2018 Alan Moore / David Lloyd – V wie Vendetta (Wortgestalt)
19.02.2018 Cormac McCarthy – Die Straße (Die dunklen Felle)
21.02.2018 Margaret Atwood – Der Report der Magd (Wortgestalt)
23.02.2018 Dave Eggers – Der Circle (Die dunklen Felle)
25.02.2018 Juli Zeh – Corpus Delicti (Wortgestalt)
27.02.2018 Omar El Akkad – American War (Die dunklen Felle)

In aller Kürze: Was die Fachliteratur über Dystopien sagt

Vor der Dystopie stand die Utopie und Thomas Mores Schrift »Utopia«, in der er eine ideale Welt beschreibt, aus dem Jahr 1516 prägte den Begriff für diese literarische Gattung. Später entwickelt sich als Kritikform die »Anti-Utopie« (Dystopie) heraus und will »durch die ausführliche Schilderung einer negativen Gesellschaft und ihrer Auswirkungen auf das Individuum vor gegenwärtigen Entwicklungen warnen« (aus: Phantastik. Ein interdisziplinäres Handbuch, herausgegeben von Hans Richard Brittnacher und Markus May, J.B. Metzler, Stuttgart 2013, siehe S. 334 nach einem Text von Peter Kuon).

Als Urväter des dystopischen Romans gelten »Die Zeitmaschine« (1895) und »Wenn der Schläfer erwacht« (1899) von H.G. Wells, »Wir« von Jewgenij Samjatin (1920), gefolgt von »Schöne neue Welt« von Aldous Huxley (1932) und »1984« von George Orwell (1949). Hier erfolgt dann auch schon ein nahtloser Übergang zu den wichtigen Werken des 20. Jahrhunderts wie »Nein. Die Welt der Angeklagten« von Walter Jens (1950) oder »Fahrenheit 451« von Ray Bradbury (1953). Wer hier Autorinnen vermisst, dem seien Ursula LeGuin, Marge Piercy und Margaret Atwood genannt. Nicht zu vergessen Jule Vernes frühes Werk »Paris im 20. Jahrhundert«, das bereits 1863 geschrieben, aber erst 1994 veröffentlicht wurde.
(Der historische Abriss wurde von Philly verfasst.)

Der erste Blick: Worum geht es?

Die Themen der von mir gelesenen Dystopien sind sehr vielfältig gewesen, doch tatsächlich konzentriert sich jedes Buch auf ein zentrales Thema. In „Wir“ (1920) und „Der Circle“ (2013) dreht sich alles um bekannte, oft genutzte Themen wie Totalitarismus und den gläsernen Bürger. Diese Themen kehren immer wieder in Dystopien, sie sind und bleiben in unserer Gesellschaft präsent. Zwischen diesen Büchern liegen fast 100 Jahre und doch scheint die Angst vor der totalen Kontrolle bzw. dem damit einhergehenden Verlust der Individualität immer in unseren Köpfen vorzuherrschen. Der gläserne Bürger, der sich in „Wir“ zwar völlig anders darstellt als in „Der Circle“ – was natürlich hauptsächlich historisch bedingt ist -, spiegelt nichtsdestotrotz den Verlust jeglicher Privatsphäre, ob nun aufgrund gläserner Wände oder der gläsernen Internetpräsenz.

Auch Ms. Atwood hat ein aktuelles Thema für „Oryx und Crake“ (2003) gewählt, denn auch hier kann ich mich an doch einige andere Titel erinnern, die sich um Genforschung und Biotechnik drehen – es ist ein sehr beliebtes Thema in dystopichen Thrillern. Ein gerade aktuelles Beispiel wäre „Bios“ von Daniel Suarez, welches ich leider kurz vor dem Spezial gelesen habe, so dass ich es nicht besprochen habe, aber ich kann es sehr empfehlen kann. Schon heute werden in der Forschung jeden Tag neue Grenzen überschritten und das Gedankenspiel, wohin uns das führt, ist sehr beliebt und spannend. In „Oryx und Crake“ führt es zum perfekten Menschen, doch die Frage ist, wie viel Mensch das dann noch ist, wie viel Menschlichkeit hier noch drin steckt. Vielleicht beantwortet die Autorin diese Frage in den weiteren beiden Teilen, doch bis hierher muss ich die Antwort noch schuldig bleiben.

Die drei anderen Bücher waren seltsamerweise nochmal völlig anders. Bei „Clockwork Orange“ (1962) geht es oberflächlich betrachtet zwar um die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen, doch letztendlich ist das Buch das Gefäß einer philisophischen Frage bzw. Diskussion: Sollte man dem Menschen die Wahl lassen? Oder sollte man ihn zwingen gut zu sein bzw. zu werden? Letztendlich wäre dies im vorliegenden Buch auch eine Kontrolle, ausgeübt vom Staat, allerdings besteht schon ein Unterschied zwischen Totalitarismus und der Kontrolle, bzw der Unterdrückung gewalttätiger Tendenzen.

„Die Straße“ (2006) würde ich tatsächlich zwar in die Kategorie Dystopie einordnen, allerdings mit dem Zusatz Endzeit. Zwar zeigt es eine zerstörte zukünftige Welt, doch nicht, wie es dazu kam, welche aktuellen Ereignisse zu dieser Zukunft geführt haben. Das zentrale Thema des Romans ist definitiv die Liebe eines Vaters zu seinem Sohn. Etwas völlig anderes als man in einer Dystopie eigentlich erwartet. Und doch sehr gelungen.

„American War“ (2017) hingegen sehe ich als Spiegel der heutigen Zeit. Ja, es ist eine Dystopie, es spielt in der Zukunft, doch das Thema, welches uns der Autor näher bringen möchte, ist, wie sich Terroristen und Selbstmordattentäter bilden, wie diese „entstehen“, wie sie eingefangen, ausgebildet, indoktriniert werden. Ein Thema, welches einen Schaudern lässt und bei mir am meisten Eindruck hinterlassen hat.

Auf den zweiten und dritten Blick: weitere Themen

Neben den zentralen Themen, die im Fokus stehen, bieten die Bücher noch weiteren Einblick in andere Themen, um genauer zu sein in eine Vielzahl von Themen. Oftmals hintergründig, manchmal auch direkt. Hauptsächlich sind hierbei Naturkatastrophen und der Klimawandel zu nennen, vor allem in „American War“, „Oryx und Crake“ und „Die Straße“, auch wenn sie eben nicht im Fokus stehen. Kriege und Unruhen kommen zum Zug, aber auch die „Verblödung“ der Medien bekommen, vor allem in „Oryx und Crake“, ihren Anteil zugesprochen, durch die widerwärtigsten Realityshows und abartige Videospiele.

Ganz besonders in Erinnerung sind mir aber die Mauern, auch wenn diese nur in „Wir“ eine Rolle spielen. Vielleicht, weil das Thema Mauern einfach immer wieder auftaucht, für uns in Deutschland eine besondere Bedeutung hat, aber vor allem, weil ständig jemand versucht oder ankündigt neue Mauern zu bauen. In „Wir“ dient die Mauer zum Schutz vor der Umwelt. Im Übrigen im Buch sehr zwiespältig, da ja nur die Außenmauer schützt – im Inneren gibt es ja quasi keine Mauern, alles ist nur verglast. Es gibt keine Privatsphäre. Bei Mauern muss man sich immer fragen, ob diese wirklich zum Schutz da sind, oder ob sie jemanden nicht doch eher einsperren. Ich gebe zu, auch ich ziehe mich gerne im Schutz von Mauern um und möchte hin und wieder Privatsphäre haben, aber ich will keine Mauern zwischen Ländern, zwischen Menschen, in Köpfen.

6 Bücher, total unterschiedlich – oder?

Mitnichten. Natürlich erzählen alle 6 Bücher unterschiedliche Geschichten, doch allen Büchern gemein ist der pessimistische Blick in die Zukunft. Auch wenn ich hier tatsächlich in meinen Rezensionen immer offen gefragt und gezweifelt habe und bei den Kommentaren immer mal nachgehakt habe, letztendlich sind alle Bücher Dystopien und zeigen eine negative Zukunft.

Dieser Blick in die Zukunft soll uns vor aktuellen Entwicklungen warnen. Es werden aktuelle Themen, Ereignisse, Erfindungen und Strömungen aufgegriffen und weitergesponnen. Die Frage ist: wie weit kann diese Entwicklung gehen, wie sehr kann es unsere Zukunft verändern und beeinflussen? Die Angst wohin wir uns bewegen, in welche Richtung wir driften scheint in der Neuzeit unumgänglich. Nichts umsonst ist dieses Thema ein noch relativ neues Phänomen in der Literatur, setzt zeitverzögert nach der Industrialisierung ein. Einer Zeit, in der sich alles immer schneller verändert hat. Diese Entwicklung hat sich in den letzten Jahren immer weiter verstärkt – die Welt dreht sich immer schneller und wir haben kaum Zeit Luft zu holen. Umso größer wird die Angst, in den immer schneller werdenden Kreislauf eingesogen und dabei „zerquetscht“ zu werden.

Natürlich weiß keiner was die Zukunft bringt. Die Autoren bieten uns verschiedene Möglichkeiten, Szenarien, Perspektiven – ob diese jemals Wirklichkeit werden ist aber schlussendlich egal. Denn diese Geschichten sollen uns nachdenken lassen, uns skeptisch machen. Wir müssen hinterfragen und gegenlenken, wenn wir dieses zukünftige Szenario nicht haben wollen. Es ist ein Weckruf, ein Warnschild.

Ich denke, eine klare Unterscheidung kann man nur zwischen Dystopie und Endzeit machen. Ich würde den Endzeitroman als Unterkategorie zur Dystopie betrachten. „Die Straße“ ist tatsächlich sehr anders aufgebaut als die anderen Dystopien und fokussiert auch auf ein ganz anderes Thema. Und, so schrecklich schön es sich liest, es ist ein positives Thema. Was kann es Schöneres geben als die Liebe zwischen zwei Menschen? Und die Liebe ist im Falle von „Die Straße“ nicht abgeschmackt und schnulzig, sondern einfach und elementar.

Natürlich fallen auch Unterschiede auf, die schlicht und einfach dadurch bedingt sind, wann die Dystopien geschrieben wurden. Hierzu aber mehr unter „Veränderung im Laufe der Zeit“.

D-503, Alex, der Schneemensch, der Vater, Mae und Sarat

Ich kann jetzt nicht unbedingt sagen, dass ich Mae aus „Der Circle“ mochte. Dieses naive kleine Ding hat mich zur Verzweiflung getrieben. Sie war so begeistert davon ihre Freiheit und Individualität aufzugeben, dass es im wahrsten Sinne des Wortes unglaublich war. Und auch wenn ich nun Alex aus „Clockwork Orange“ auch keine Sympathie entgegen gebracht habe, sieht man bei ihm immerhin eine Entwicklung, jemanden der sich hin und wieder Gedanken macht. Am Anfang nur wenige, doch seine Erfahrungen formen ihn.

Als den klassischen dystopischen Protagonisten würde ich tatsächlich D-503 aus „Wir“ beschreiben. Er ist in das herrschende System nicht nur integriert, sondern lebt dieses System. Liebt und lebt es. Doch ein Bruch im Gefüge – in seinem Fall die Bekanntschaft zu I – lässt ihn nach und nach zweifeln. Sehr klassisch – und im Übrigen auch durchaus sehr realistisch – ist dann die erzwungene Wiedereingliederung in das System. Somit schließt sich der Kreis des Dystopischen wunderbar. Es ist pessimistisch – und es bleibt pessimistisch. Eine Dystopie mit einem Happy End zu verbinden, ist in meinen Augen nur selten wirklich gelungen, da es unpassend ist und die vorher getroffenen Aussagen zunichte macht.

Jimmy aka der Schneemensch aus „Oryx und Crake“ zeichnet sich durch eine kindliche bzw. jugendliche Sicht aus, bedingt durch die Rückblicke, doch der aktuelle Jimmy ist an der Grenze zum Verrücktwerden. Tatsächlich ist er auch gefangen im System, wenn auch nicht durch eine übergeordnete Hierarchie, sondern einfach nur durch die Situation. Fast alleine auf der Welt, ohne Chance auf Besserung. Ah, na ja, vielleicht bieten ja Teil 2 und 3 hier einen Ausweg, doch Teil 1 zeigt hier zumindest keinen Lichtblick für den armen Kerl.

Ähnlich ist es für den Vater aus „Die Straße“. Nichtsdestotrotz ist dieser sehr bewunderswert. In einer Welt ohne jegliche Hoffnung und Zukunft ist er mehr als positiv. Er will und muss seinen Sohn motivieren, erziehen, ausbilden. Er möchte, dass sein Junge überlebt. Doch wofür? Eine schwere Frage, denn auch hier scheint es keine Hoffnung zu geben. Doch sein Überlebenswille und sein fester Glaube in eine Zukunft für seinen Sohn strahlen so hell, dass die düstere, verwüstete Welt in „Die Straße“ hin und wieder fast vergessen scheint.

Ach, Sarat. Das Mädchen aus „American War“ war tatsächlich eine sehr beeindruckende Figur. Vielleicht gerade deshalb, weil man ihr von Kindesbeinen an folgt und miterlebt, wie sie erwachsen wird, wie sie fliehen muss, wie sie von Gaines indoktriniert wird, wie sie für die Südstaaten kämpft, wie sie desillusioniert, wie sie verzweifelt und wie sie trotzdem ihrem vorgegebenen Weg folgt. Sarat ist nicht dumm, keineswegs. Doch sie folgt ihrer Bestimmung, ihrem Weg. Bis zum bitteren Ende. Sie erlaubt sich keine Weichheiten, keine Zärtlichkeiten, kein Aufgeben.

Veränderung im Laufe der Zeit

Die Welt ändert sich, keine Frage. Täglich, stündlich, minütlich. Wie kann man also 100 Jahre vorhersehen und auch nur ansatzweise sagen, was sich ändert? Das funktioniert nur, wenn man auf die großen Themen blickt und die kleinen Themen, die Kleinigkeiten und auch unwahrscheinlich vieles auslässt. Es ist unumgänglich, dass ein Blick in die Zukunft vor hundert Jahren anders aussieht als heute. Und das nicht nur aufgrund technischer Entwicklungen.

Natürlich darf man diese nicht vergessen – vor allem nicht, da „Der Circle“ sich quasi um nichts anderes dreht. Der Dreh- und Angelpunkt sind hier die sozialen Medien. Und ja, es gibt Autoren vor vielen Jahren, die ähnliches vorausgesehen haben. Nichtsdestotrotz lässt es sich Jewgeni Samjatin nicht negativ anrechnen, dass er diese eine Entwicklung nicht vorhergesehen hat – immerhin hat er den ersten Raketenstart vorhergesehen. Das ist doch auch schon was?

Aber hauptsächlich sind es wohl gesellschaftliche Änderungen, die einfließen und natürlich haben diese sich im Laufe der Zeit verändert. Doch tatsächlich durchgehend ist immer wieder die Angst vor der totalen Kontrolle, einem Totalitarismus, einer allmächtigen Diktatur, vorhanden. Das liegt natürlich an den politischen und gesellschaftlichenEntwicklungen des 20. Jahrhunderts. Diese haben sich zu Jewgeni Samjatins Zeit schon angekündigt und die tatsächlichen Ereignisse waren so eindrücklich, dass diese noch bis heute nachwirken. Ein Dauerbrenner sozusagen.
Und alleine schon diese Tatsache ist erschreckend.

Warum hat der Autor ausgerechnet dieses Buch geschrieben?

Wachrütteln, aufwecken, hinweisen. Informieren, überzeichnen, Grenzen überschreiten. Das fürchten lehren. Schrecken verbreiten.

Das möchten die Autoren. Alle Autoren haben sich aktuelle Entwicklungen für ihre Geschichten hergenommen, über die sie besorgt sind. Sie wollen die Leser darauf aufmerksam machen und deren zukünftige Entscheidungen und Handlungen beeinflussen. Man soll dazu angeregt werden, nachzudenken. Nicht jeden Komfort zu nutzen, sondern auch mal über Folgen und Konsequenzen nachdenken. Natürlich ist nicht jeder Mensch dazu in der Lage das große Ganze zu überblicken, auch Autoren nicht. Doch alle meine sechs gelesenen Dystopien sind gut recherchierte, nachdenkliche, teils philosophische Werke, die eine gute Grundlage bilden. Weiterführende Fachliteratur ist natürlich auch verfügbar – doch als spannende Geschichte verpackt nehmen wir ernste Themen doch einfach ein wenig lieber zu uns als nüchtern und aufs Wesentliche konzentriert. Zumindest trifft diese Aussage auf mich zu.

Und natürlich darf man nicht vergessen: Dystopien sind Unterhaltungsliteratur. Bei aller Information und Aufklärungsarbeit, welche die Autoren beabsichtigen, darf man natürlich nicht vergessen zu erwähnen, dass die Bücher unterhalten sollen, spannend sind, erzählerisch etwas leisten.

Und wie haben mir die Bücher nun persönlich gefallen?

Ich denke, schon in den Rezensionen ist hier eine deutliche Tendenz sichtbar geworden. Ganz klar ist, dass „Der Circle“ mich nicht überzeugen konnte. Der Hauptgrund dafür ist Mae, da sie mit offenen Augen in ihr Verderben rennt und es fast schon weh tut, ihr dabei zuzusehen.

Danach würde ich wohl „Clockwork Orange“ einordnen. Es war jetzt nicht schlecht, aber zumindest schwierig zu lesen. Die NADSAT Sprache hat mich anfangs viel ins Glossar blättern lassen und so war die Lektüre am Beginn sehr unrund. Klassiker hin oder her. Ich denke, es gibt hier nur zwei Fraktionen: entweder man mag es – oder eben nicht.

Auf Platz 4 kommt dann wohl „Wir“. Dieses war zwar thematisch höchst interessant, doch gerade im Mittelteil schweift D-503 gedanklich oft ab, träumt viel und leider zieht sich hier der Text doch ein wenig. Nichtsdestotrotz ein Klassiker, den man mal gelesen haben sollte. Besonders beeindruckend an dem Buch ist, dass es fast schon 100 Jahre alt ist und nichts an Aktualität eingebüßt hat.

Jetzt wird es schwierig, denn die anderen drei Bücher haben mir tatsächlich alle sehr gut gefallen. Nichtsdestotrotz kommt jetzt wohl „Oryx und Crake“. Einfach aus dem Grund, da ich das Buch schon mal angefangen hatte und abgebrochen habe. Ich bin schwer in die Geschichte reingekommen – für mich eingefleischten Krimifan war die Story einfach zu abgedreht. Anfangs zumindest. Das hat sich dann natürlich geändert – und ich kann es kaum erwarten, die nächsten zwei Teile zu lesen.

Jetzt wird es spannend, was? Wer ist auf Platz 1, wer auf Platz 2? Die Entscheidung war knapp, aber hier kommt nun zuerst „Die Straße“. Ein wirklich ausgezeichnetes, beeindruckendes Buch. Warum dann nur Platz zwei? Nun ja, zum einen, weil es irgendwie mehr Endzeit ist und zum anderen, weil ich immer noch „Der aufrechte Mann“ von Davide Longo im Kopf habe und dieses ein klein wenig besser fand. Ich kann einfach den Elefanten nicht vergessen.

Auf Nummer eins landet bei mir „American War“. Dieses Buch hat für mich alles, was eine Dystopie ausmacht und zwar in Hochform. Am meisten beeindruckt hat mich – neben Sarat – die Tatsache, dass dieses Buch mir mehr über heutige Entwicklungen beigebracht hat, als jede andere Dystopie. Es hat mir Einblick verschafft, wie unterschwellig, gefährlich und unheimlich Terrorismus funktioniert. Und das durch die Hintertür, aber dann mit dem Knüppel. Ein Buch, welches mir lange, lange in Erinnerung bleiben wird.

 

Das Blogspezial endet nun mit diesem Fazit. Ich habe die Romane alle sehr, sehr gerne gelesen und hatte damit viel Lesefreude. Ich gebe aber auch zu, dass ich mich jetzt wieder auf einen Krimi freue.

12 Kommentare zu “Fazit – Blogspezial Dystopische Literatur, gemeinsam mit Wortgestalt-Buchblog

  1. Pingback: Das große Fazit | Blog-Spezial »Dystopische Literatur«

  2. Großes Lob. Ein wirklich gelungenes Special. Auch, dass ihr ein so ausführliches Fazit zieht, hat mir gefallen. Bin mal gespannt, was ihr euch als nächstes überlegt habt. ;-)

  3. Ich hab es auch sehr genossen, euren Rezensionen zu folgen und neue Lektüreanregungen zu erhalten!

    Was mich gerade gefragt habe, ist die naive Protagonistin bei „The Circle“ vielleicht nicht genau der Clou? Also der Kniff an dem Ganzen, der es noch realistischer wirken lässt? Denn auch wenn wir oder manch andere kritische MitbürgerInnen fassungslos reagieren ob ihrer Bereitschaft, Freiheit und Individualität, wie du weiter oben geschrieben hast, aufzugeben – entspricht Mae damit nicht dem Gros, das gerne (überspitzt formuliert) willenlos folgt, wenn es schön einfach ist und wenig hinterfragt?

    Vielleicht muss ich das Buch demnächst wieder in die Hand nehmen … ;-)

    • Vielen Dank Ruth – freut uns sehr, dass das Spezial gut angekommen ist.

      Zu Mae aus „The Circle“… na ja, wenn das der Clou ist, ist er bei mir wohl nicht angekommen. Ich hege tatsächlich noch Hoffnung, dass egal wie sehr sich Social Media sich immer weiter verbreitet, die Menschen doch den persönlichen Kontakt noch bevorzugen – vor allem zu Familie und Freunden.
      Ich denke, Mae kann schon exemplarisch für die jüngere Generation heute stehen – man sieht ja kaum einen Jugendlichen ohne Smartphone und kann sie kaum davon loseisen. Ich hab trotzdem Hoffnung, dass sie sich nicht wegen einer verrückten Aktion in Social Media von ihrer Familie lossagen, so wie Mae das tut.

  4. Du sprichst hier noch was an, was ich auch faszinierend find: Egal wie viele Jahre zwischen den Romanen liege: Die Angst vor der Kontrolle :( So was mag keiner haben, dass die eigene Freiheit flöten geht.

    Hab „die Straße“ jetzt durch und hätte es spontan nicht bei Dystopien eingeordnet, sondern bei Endzeit. Komm gleich noch bei deiner Kritik rum :D

    @American War
    Vielleicht sollte ich doch mal einen Blick wagen. Inzwischen bin ich neugierig genug :P

    Und natürlich auch an dich ein Danke für die Aktion!!

    • Immer gerne – das Spezial hat auch uns persönlich sehr viel Spaß gemacht.

      Ich habe die Einteilung nun so gesehen, dass Endzeit eher eine Unterkategorie von der Dystopie ist, denn auch diese spielt ja in einer pessistischen Zukunft. Aber ist nur meine persönliche Meinung – zum Glück musste ich keine Doktorarbeit darüber schreiben. :-)

      Mir scheint auch, der dringlichste Wunsch des Menschen ist seine persönliche Freiheit – und eben auch mit all seinen Konsequenzen. Natürlich könnte man Kriege oder Streitigkeiten vermeiden, wenn alle gleichgeschaltet sind, aber damit schaltet man eben auch Kreativität, Kultur und Individualität aus.
      Ich denke, dessen sind wir uns sehr bewusst und wir nehmen deshalb die Konsequenzen einfach in Kauf, auch wenn wir sie natürlich nicht gut finden.

  5. Auch wenn ich nicht durchgehen kommentiert hab, habt Dank an euch zwei, meine WuLi ist gewachsen! War wirklich eine tolle Beitrags-Special-Idee!

  6. Um es kurz zu machen: Ich empfand Euer Spezial herausragend, einige der Beiträge liegen noch zum Lesen bereit. Da werde ich sicher auch noch im Einzelnen kommentieren.

    Schöne Auswahl und wenn ihr mal wieder so ein Spezial plant, lese ich gerne mit.

    Liebe Grüße
    Marc

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