Die dunklen Felle

Krimis, Thriller und Science Fiction

Fehlschlag: Josefine Rieks – Serverland

11 Kommentare


Josefine Rieks – Serverland
Verlag: Hanser
176 Seiten
ISBN: 978-3-446-25943-0

 

 

 

 

Die Idee war einfach so klasse – eine zukünftige Welt ohne Internet? Tausend Fragen sind mir durch den Kopf geschwirrt. Lässt sich das Internet überhaupt noch aus unserem Leben entfernen? Warum ist es verschwunden? Was ist mit der Welt passiert? Wie läuft das Leben jetzt ab – zurück in die Steinzeit? Oder alles gar nicht so schlimm?
Die Antworten auf diese Fragen bleibt das Buch mir leider schuldig.

Reiner arbeitet bei der Post, doch seine Leidenschaft sind alte Laptops. Die Relikte aus der Vergangenheit sammelt er und zockt darauf Videospiele, soweit möglich. Meyer, den er noch aus seiner Schulzeit kennt, aber nicht viel von ihm hält, führt ihn ins Wunderland, ins „Serverland“. Ein altes, verlassenes Gebäude, in dem die früheren Server von Google Inc. vor sich hin stauben. Dort hat sich eine jugendliche Gemeinde versammelt und versucht den Zeitgeist von früher wiederzubeleben.

Die jugendliche Gemeinde ist genau so, wie man sie sich vorstellt. Viel Party, viel Alkohol, viel Rauchen. Mit einem Hauch von Hippie. Daran soll es wohl angelehnt sein. Und die jugendliche Gemeinde ist sehr international. Das heißt, dass es viele englische Gespräche gibt, die nicht ins Deutsche übersetzt sind. Mal abgesehen davon, dass es das zwar einfaches Englisch ist, finde ich es nicht gut, dass diese Passagen unübersetzt sind. Nicht jeder kann Englisch.

Die Internationalität der jungen Menschen gibt mir Rätsel auf. Denn nicht nur das Internet ist verschwunden – auch Computer oder jegliche elektronische Datenverarbeitung scheint verschwunden, ja sogar verpönt zu sein. Wie kommen also die Amerikaner nach Holland (dort, wo die Server stehen)? Sind die vor Wochen mit einem Ozeandampfer losgefahren? Ein Flugzeug oder ein anderes, neueres Schiff kann es ja nicht gewesen sein, denn diese funktionieren ohne Computer schlicht und einfach nicht mehr.

Das ist auch die Sache, an der es meines Erachtens im Buch krankt. Die Welt scheint unverändert, nur das Internet, bzw. die EDV scheint verschwunden. Es gibt keine Missstände in der Versorgung der Bürger, es gibt Autos (mit welcher Elektronik die wohl fahren?) und und und. Wieso gibt es keine einschneidenden Veränderungen wenn die digitale Ader aus unserer Welt gerissen wird? Das ist für mich nicht nur unverständlich, sondern auch unrealistisch. Es wird aber auch auf gar nichts davon eingegangen.

Dann hab ich überlegt, ob  mir die Autorin vielleicht etwas anderes mit dem Buch sagen möchte. Aber ehrlich gesagt, ich hab keine Ahnung was. Diese jungen Menschen sitzen beisammen, haben eine Art Plenum gegründet, aber eigentlich gibt es nur ein paar wenige, die etwas verändern wollen. Die anderen hängen einfach dort ab. Und selbst die, welche etwas verändern wollen – was genau? Die Jugendlichen ziehen YouTube Videos von den Servern, brennen diese auf DVDs und schicken diese wahllos an Menschen (DVD Player gibt es anscheinend noch) – warum? Hier reden wir nicht von bedeutenden Reden oder Momenten der Geschichte, sondern von Robbie Williams „Rock DJ“ Video oder irgendwelchen Jugendliche, die Geräusche machen. Total albernes Zeug.

Will die Autorin mich also dadurch darauf aufmerksam machen, dass im Internet nur Unsinn kursiert? Hm, vielleicht. Aber tatsächlich hätte die Autorin so viel mehr mit dieser Grundidee erreichen können, dass mir diese offensichtliche Tatsache einfach nicht ausreicht. Das Buch war kurz – nur 179 Seiten lang – aber tatsächlich habe ich nun das Gefühl, meine Zeit hätte wesentlich besser investiert werden können.

Fazit:
Die Grundidee war so gut, vielleicht schon zu verdammt gut, denn die Umsetzung konnte leider überhaupt nicht überzeugen. Das Buch war für mich tatsächlich reine Zeitverschwendung. Ich hab keine Ahnung was das Buch mir sagen wollte.

 


Weitere Meinungen:
Iris vom Schurkenblog und ich sind auf einer Wellenlänge, denn sie findet: „Um das Lesen des Buches erträglicher zu machen, sollte man wohl ganz viel Bier und noch mehr Joints intus haben. Wenn das nicht hilft: auskotzen.“


 

11 Kommentare zu “Fehlschlag: Josefine Rieks – Serverland

  1. Das ist ja ein Ding! Ich dachte, es wäre DAS Buch für mich.
    Danke für die Warnung!
    Viele Grüße
    Silvia

    • Na ja, Geschmäcker sind ja unterschiedlich, aber für mich war es definitiv nichts. Falls doch noch Interesse besteht, vielleicht probierst Du es erstmal mit einer Leseprobe.
      LG,
      Christina

  2. Eigentlich habe ich deiner Kritik ja nix hinzuzufügen, so ähnlich haben wir das Buch empfunden. :-)

    „Dann hab ich überlegt, ob mir die Autorin vielleicht etwas anderes mit dem Buch sagen möchte.“
    Das war auch mein Gedanke, weil ich dachte, irgendwas muss ich doch zwischen den Zeilen übersehen haben (deswegen war ich schon sooo neugierig auf deine Meinung zum Buch). Dass sie damit vielleicht sagen wollte, dass im Internet nur unsinniges Zeugs kursierte und somit total unwichtig auf das Weltgeschehen ist/ war … ja, den Gedanken hatte ich auch. Aber selbst das ist mir zu oberflächlich, zu wenig aufgegriffen, wenn es denn so gedacht gewesen wäre.

    Wirklich schade. Als ich das Buch entdeckt habe, war ich auch sofort neugierig. Kein Internet mehr? Warum? Wieso? Was ist passiert? Und wie wirkt sich das dann auf unsere internetsüchtige Welt aus? … Aber KEINE dieser Fragen wurden aufgegriffen, im Gegenteil, sie wurden ignoriert, als würde rein gar nix passieren, wenn das einfach wieder weg wäre.

    Tja, Enttäuschung pur. Auch bei mir.

    • Ja, das empfinde ich auch so. Der Hinweis, dass auf YouTube viel Schrott zu finden ist – dafür brauch ich nun kein ganze Buch. So elementar ist die Erkenntnis nun auch nicht. Ich hab einfach mehr erwartet. Interessante Einblicke, wie die Zukunft sein könnte und vor allem, warum ist das Internet „verschwunden“… ach, das einzig Gute war wohl, dass es nur wenige Seiten hatte und zum Glück recht schnell gelesen war.

  3. Schade – von der Ankündigung her klang es ja sehr spannend. Aber auch in der Literaturbeilage der Augsburger Allgemeinen wurde das Buch sehr verrissen. Da habe ich mir offenbar viel Lesezeit gespart …

    • Allerdings – die Idee fand ich auch sehr spannend.
      Ich hab allerdings auch mal nach Meinungen von Kritikern gegoogelt und die Meinungen sind durchwachsen. Von ganz schrecklich bis avantgardistisch. Geschmäcker sind eben doch unterschiedlich.

  4. Schade, dabei hörte sich das Ganze von der Grundidee so interessant an.
    Habe gestern das komplette Gegenteil von Serverland nämlich „The Circle“ von Dave Eggers beendet und das hatte zumindest am Ende eine Aussage (nicht so wie der Film).
    Ich mag das immer nicht, wenn Bücher und Filme so schwammig sind, weder Fisch noch Fleisch.
    Viele Grüße!

    • Ja, mich konnte das Buch deshalb auch nicht überzeugen. Es fehlt einfach eine Richtung.
      Den Film von „The Circle“ kenne ich noch nicht – ist das Ende denn unterschiedlich zum Buch?

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