Die dunklen Felle

Krimis, Thriller und Science Fiction

Die andere Seite von Portugal: Die Mauern von Porto – Mario Lima

2 Kommentare


Mario Lima – Die Mauern von Porto
Verlag: Heyne
364 Seiten
ISBN: 978-3453441132

 

 

 

 

„Ich verstehe vollkommen, dass sie kein Vertrauen in die Justiz haben. Das habe ich auch nicht. Das kann man auch nicht haben. Es stimmt ja alles, was gesagt wird: Es gibt eine Justiz für die Reichen und eine für die Armen. Das ist einfach so, es lässt sich nicht leugnen. Jeden Tag kann man sehen, dass die Reichen und Mächtigen straffrei bleiben. Dass unsere Justiz die Korruption schützt, weil sie selbst korrupt ist.“ (S. 298)

Inspektor Fonseca und sein Team ermitteln in einem Jahre zurückliegenden Mordfall. Ein Brand hat im Bairro da Sé, einem der ältesten Stadtteile von Porto, zwei zugemauerte Skelette offen gelegt – eine Frau und ein Mädchen. Das Viertel ist heruntergekommen, die Bewohner von damals längst weggezogen oder verstorben. Und die Alten, die etwas wissen könnten, schweigen. Ein schwieriger Fall, an dem sich vor allem Ana und Tété, die neue Kollegin im Team, festgebissen haben. Die Morde sind lange her und die Ermittlungen nicht nur schwierig, die Ermittler bekommen auch ganze Felsbrocken in den Weg gelegt. Bleibt der Fall etwa ungelöst?

Getarnt als Urlaubskrimi beinhaltet der neue Fall um Inspektor Fonseca und sein Team wieder einen ausgefeilten Kriminalfall in Porto, der sich zum Glück eben gar nicht nach Urlaub anfühlt. Bevor wir allerdings dazu kommen, werfen wir einen Blick auf die neue Kollegin: Tété. Tatsächlich hat sie es mir besonders angetan in dem neuen Fall. Vielleicht weil sie die erste aus dem Team ist, über die man mehr erfährt, eine Hintergrundgeschichte, etwas Privates. Aber vermutlich eher, da ihre Vergangenheit mit der Geschichte Portugals verflochten ist und so ein Einblick in ein weiteres Thema geboten wird. Tété stammt nämlich ursprünglich aus Angola, der ehemaligen Kolonie von Portugal, und wurde, aufgrund der Auswirkungen der Nelkenrevolution mit ihrer Familie von dort vertrieben. Für das Ermittlungsteam ist sie aber auch eine Bereicherung, denn vormals arbeitete sie in der Anti-Korruptionseinheit in Lissabon. Von dort bringt sie nicht nur Wissen, sondern auch eine gewisse Verbitterung mit, denn Korruptionsfälle werden eher alibimäßig untersucht, so dass sie jetzt voller Tatendrang in der neuen Aufgabe aufgeht.

Der Kriminalfall selbst ist diesmal nicht ganz so weitreichend gestrickt wie im letzten Fall “Tod in Porto” – wer den noch nicht kennt, sollte das unbedingt ändern – dafür kann er aber mit anderen Dingen punkten. Die Ermittlungen rücken nicht in den Hintergrund, teilen sich aber die Aufmerksamkeit mit den Perspektiven eines Opfers und mit der des Täters. Und natürlich ist es eine Herausforderung, an einem Fall zu arbeiten, bei dem nur noch skelettierte Knochen und ein paar Kleiderreste übrig sind. Desweiteren macht ein juristischer Umstand den Fall erst mal komplett zu nichte, denn als herauskommt, wie alt die Knochen sind, wird der Fall eingestellt. Ein Umstand, der mir so nicht bekannt war, doch anscheinend ist ein Mord in Portugal schon nach 15 Jahren verjährt. Diese Tatsache hat mich viel nachdenken und auch recherchieren lassen – wobei ich so gut wie nichts über Portugal gefunden habe, aber mich dafür in die Situation in Deutschland eingelesen habe. Ja, wir haben auch Verjährungsfristen, doch Mord verjährt bei uns nicht, zumindest nicht mehr – das wurde geändert. Gut so! Und keine Sorge um den Kriminalfall – diesen Umstand löst der Autor mit einem Kniff, der die Ermittlungen neu beflügelt.

Trotzdem sind die Ermittlungen mitunter stecken geblieben oder gehen eben nur langsam voran, ja, hier sind wir wohl ganz nah an der Realität. Ermittlungsarbeit geht eben nicht immer nur voran, sondern stockt auch mal. Besonders wenn der Fall eben ein “Cold Case” ist. Das ist authentisch, aber mitunter für den Leser mal nicht so angenehm. Nichtsdestotrotz hat es der Autor geschafft, diese Durststrecken durch die Opfer-/Tätersicht gut auszugleichen und auch die neue Kollegin Tété hat hier einiges dazu getan. Ich fand das Buch durchgehend spannend und bin durch die Seiten geflogen.

Porto als Schauplatz finde ich grandios. Ich weiß leider nicht mehr, in welchem Zusammenhang ich es gehört habe, aber man sagt wohl, dass in Porto das Geld verdient wird, welches in Lissabon ausgegeben wird. So mag Porto zuerst wie die kleine Schwester Lissabons wirken, doch die Stadt hat viel zu bieten. Durch die Verbindung des Falles in den Stadtteil Bairro da Sé lernt man die Stadt abseits von ausgetretenen Pfaden kennen und bekommt ein Gefühl für die Leute und das Leben dort. Hier merkt man deutlich, dass der Autor in Portugal lebt und nicht nur aus Touristensicht die Stadt beschreibt.

Und ganz besonders freue ich mich, dass meine kleine Kritik am letzten Band der Serie zu einer Anmerkung über portugiesische Namen geführt hat, aus der ich sogar wieder etwas neues gelernt habe.

Fazit:
Ein weiterer gelungener Fall aus Porto, dem Herzen Portugals, und mit dem Team um Inspektor Fonseca. Da es viel zu wenig Krimiserien aus Portugal gibt – ich kenn nur eine 😉 – bin ich definitiv dafür, dass das Team hoffentlich bald wieder ermittelt!

2 Kommentare zu “Die andere Seite von Portugal: Die Mauern von Porto – Mario Lima

  1. In meiner Besprechung des Titels hatte ich geschrieben, dass die Glaubwürdigkeit zu Lasten der Spannung geht, dass ich lieber mehr Spannung statt Authentizität gehabt hätte. Deine Sichtweise kann ich aber auch verstehen. Gut, dass es unterschiedliche Geschmäcker gibt. Einig sind wir uns aber über Tété und über die Verjährung von Mord in Portugal, ein interessanter Aspekt mit gelungener Darstellung im Krimi.
    Übrigens: In DIE 7. ZEUGIN, einem „Justiz-Krimi von Schwiecker/Tsokos wird auch ein besonderer Punkt der Rechtssprechung beschrieben, die Rechtsfolgelösung bei Mord. Höchst interessant.

    • Ah, ich hab natürlich Deine Rezension schon gelesen und gesehen, dass dir die Spannung aufgrund der Authentizität gefehlt hat, aber mir ging es tatsächlich anders.
      Rechtsfolgelösung sagt mir noch nichts… aber ich scheue mich ein wenig vor dem Buch… von den beiden Autoren hab ich noch gar nichts gelesen. Aber mal sehen.

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