Die dunklen Felle

Krimis, Thriller und Science Fiction

Atmosphärisch: So dunkel der Wald – Michaela Kastel

7 Kommentare


Michaela Kastel – So dunkel der Wald
Verlag: Emons
304 Seiten
ISBN: 978-3740802936

 

 

 

 

 

Den Thriller von Michaela Kastel wollte ich schon lange lesen und so hat sich dieser zum Spezial zu östereichischer Kriminalliteratur quasi aufgedrängt. Auch wenn ich ja tendenziell nicht mehr so viele Thriller lese, denn oft können sie mich nicht mehr reizen. Nichtsdestotrotz habe ich damals, als der Thriller herauskam, sehr viele positive Rezensionen gelesen, mittlerweile wurde der neue Thriller der Autorin “Worüber wir schweigen” veröffentlicht. Und vermutlich war das ein wenig die Crux, diese vielen positiven Stimmen, die ich gehört habe, denn der Thriller von Michaela Kastel ist zwar ein richtig guter Thriller, aber irgendwie hatte ich nach dem Echo in der Bloggerwelt, etwas anderes erwartet.

Yannick, Ronja, Nika, Theo und Henna. Das sind die fünf Kinder, die mit Paps tief im Wald, tief in den Bergen, leben. Abgeschottet von der Zivilisation, unter strenger Hand, in ständiger Angst. Denn Paps ist nicht der Vater der Kinder, sondern ihr Entführer. Derweil Yannick und Ronja schon Jahre dort leben, und Nika schwer krank ist, sind die anderen zwei noch jünger und fallen ins “Beuteschema” von Paps, so dass ihr Abend einen zusätzlichen täglichen Schrecken bereit hält. Doch dann beschließt Ronja zu fliehen.

Die Atmosphäre des Buches ist durchgängig düster, nicht nur der Wald, die Einsamkeit, die Abgeschiedenheit, sondern eben auch die Enge des Hauses, die kleinen Fenster, die alten, einengenden Möbel tragen dazu bei. Eine Atmosphäre, welche die Kinder zusätzlich schreckt und ängstigt, ist doch eine Flucht so gut wie unmöglich, eine Enge, die aber Paps zu gefallen scheint. Hier kann er herrschen, sein wie er will, “seine” Kinder brechen. Zum Brechen dient auch eine kleine Höhle, kaum mehr eine Felsspalte, in die Paps unliebsame Kinder schmeißt, aus der man aber nicht mehr alleine herauskommt und auf das Gutdünken von Paps angewiesen ist. Eine beklemmende Enge in den Bergen, angereichert mit einem gewalttätigen Pädophilen.

Ronjas Ausbruchsversuch war für mich der Höhepunkt des Thrillers, der dann allerding schon im ersten Drittel des Thrillers stattfindet. Danach ist der Thriller zwar immer noch interessant, aber nicht mehr so spannend. Zwar ist kontinuierlich die Situation auf dem Berg/im Wald nach Ronjas Ausbruchsversuch angespannt, doch die Spannung flaut ab und eigentlich ist es eher ein Psychogramm der Kinder, die jahrelang mit Paps auf dem Berg gelebt haben. Zwischen völlig zerstörten Psychen, der Bedrohung durch Paps und der Einsamkeit auf den Bergen ist Adrenalin vorhanden, aber nicht mehr auf hohem Level, lässt doch Ronjas Flucht die Spannung verpuffen. Es geht danach eher darum, wie zerstörte Kinderseelen agieren und reagieren.

Eingemischt sind zwei andere Handlungsstränge. Hier ist zum einen die Polizistin Sarah Wiesinger zu nennen, eine Frau, die selbst kein einfaches Päckchen zu tragen hat und der die Suche nach den verschwundenen Kindern zur Lebensaufgabe geworden ist. Auf der anderen Seite, bekommt man, etwas später im Thriller, Einblick in ein Tagebuch. Hierbei ist erst nicht klar, wer der Verfasser ist, so dass der Leser rätseln darf.

Tatsächlich wird das Buch ab dem Höhepunkt, der ja schon im ersten Drittel stattfindet, stellenweise etwas vorhersehbar. Nichtsdestotrotz bleibt die eindringliche, unheimliche Atmosphäre immer präsent und auch die unterschiedlichen Aktionen und Reaktionen der Kinder sind spannend zu verfolgen, allerdings habe ich mir von einem Thriller mehr erwartet, mehr Action, mehr Druck, mehr dringliches Umblättern der Seiten. Das hat mir ein wenig gefehlt. Irgendwann wusste ich grob, worauf die Geschichte hinauslaufen wird, da hatte die Autorin keine Überrraschung für mich, nichtsdestotrotz waren einige Schicksale am Ende doch noch anders als gedacht. Als Leser bin ich immer ganz glücklich, wenn es kein Happy End gibt, sondern eben “nur” ein realistisches Ende. Soweit möglich eben, und hier konnte die Autorin wieder bei mir punkten.

Fazit:
Ein Thriller, dessen Spannung nach dem ersten Höhepunkt abflacht, aber noch kontinuierlich Unterhaltung bietet und die Geschichte zu einem gelungenen Ende bringt. Überzeugen konnte mich aber vor allem das Setting und die Atmosphäre, geradezu hervorragend für einen Thriller gewählt. Ein sehr gutes Thrillerdebüt aus Österreich!

7 Kommentare zu “Atmosphärisch: So dunkel der Wald – Michaela Kastel

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  2. Dein Fazit trifft die Story genau!

  3. Viiiiel zu selten bleibe ich auf einen Kommi bei dir, aber nun einmal! <3

    Ooohhh mir ergeht es mit den Thrillern wie dir! Mit dem Genre stehe ich etwas auf Kriegsfuß, was mich jedoch nicht vom Lesen oder Hören abhält :D

    Ich mag ihr Debüt trotz Kritik definitiv lieber als ihr aktuelles Buch! Ich finde die Atmosphäre bei diesem Buch sehr gelungen, gerade das Düstere und mit den Erwartungen aufgrund anderer Meinungen kann ich dir nur recht geben. Aber auch die für mich zu vielen Sichtweisen sagten mir nicht gänzlich zu. Aber wie bei dir überzeugte Michaela mich mit dem Ende und ich wiederhole mich, mit der Atmosphäre!

    Hab einen mukkeligen Nikolaustag!

    • Hi Janna!
      Ah, ich denke bei den Thrillern gibt es mehr Frösche als Prinzen – aber wenn man sie eben nicht ausprobiert, dann weiß man ja auch nicht, ob der Thriller ein Frosch bleibt oder eben ein Prinz wird. :-)
      Und man findet eben doch ab und an Thriller, die auch wirklich gut sind. Michaela Kastels „So dunkel der Wald“ konnte mich überzeugen, aber ihr aktuelles Buch kenne ich noch nicht – ich hab es auf meiner Wunschliste, aber das wird noch dauern… ich bin ja immer etwas hinterher. Fandest Du es denn trozdem gut – auch wenn es nicht an ihr Debüt heranreicht?
      Einen schönen Sonntag noch!
      Christina

  4. Der Vergleich! :D
    Kerstin war von ihrem aktuellen Thriller begeistert, ich hatte einige Kritikpunkte. Gut ja, aber nicht durchgehend. Ich finde die Thematiken die sie verarbeitet interessant, was mich jedoch sehr überraschte, war der gänzlich andere Schreibstil. Nicht mehr in dieses poetische, das fehlte mir, weil ich beim Wald genau das so einnehmend fand.

    • Stimmt, eines der Highlights in „So düster der Wald“ war die poetisch beschriebene Atmosphäre des Waldes, so bedrückend, eng, dunkel… wirklich schade, wenn das im nächsten Thriller nicht mehr so ist. Na… irgendwann lese ich vielleicht auch den nächsten, im Moment mag ich grad aber wieder keinen Thriller lesen. Da brauch ich immer Lust drauf. ;-)

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