
“Es gab da mal eine Polizistin, die arbeitete für die Kripo München. “ (S. 13)
Der dritte Fall von Patsy Logan aus der Feder von Ellen Dunne erscheint nicht nur in neuem Gewand, sondern auch im neuen Verlag. Die Krimis haben ihre neue Heimat im Haymon Verlag gefunden und bevor ich dieses kleine, aber für mich wichtige Detail vergesse: der Krimi hat abgerundete Ecken. Ja, vielleicht nur ein kleines, kosmetisches Detail, aber mit viel Wirkung – keine verknickten Ecken mehr. Ob das bei der Protagonistin auch so ist – schaun wir mal. Bei den Protagonistinnen mag ich Ecken und Kanten ja schon.
Eigentlich nimmt Patsy Logan eine Auszeit. Von ihrem Job, bei dem sie auf der Stelle tritt und von ihrer Ehe, die nicht mehr gut läuft, sie schlüpft in Irland bei ihrer Cousine unter. Doch ein Anruf ihres Chefs holt sie in das irische Ermittlungsteam um den Mord an Laura Brunner, einer Deutschen, die in der österreichischen Botschaft ermordet wurde. Keiner kann sich einen Grund vorstellen, warum eine Praktikantin ermordet wurde, doch da diese einen berühmten Vater hat, sorgt die deutsche Botschafterin für Patsys Beteiligung. Zudem holt der österreichische Botschafter noch einen seiner Untergebenen ins Team. Und wem passt das deutsch-österreichische Duo gar nicht – klar, dem ermittelnden DI Flanagan.
Ah, endlich ist Patsy in Irland… und wer weiß, vielleicht bleibt sie. Aber kommen wir erstmal zum vorliegenden Fall. Der Mord der deutschen Praktikantin führt Patsy Logan in die jüngere Geschichte Irlands. Ein Land, welches einen unheimlichen Boom erlebt hat, der in sich zusammengebrochen ist, wie ein Souffle. Die Ansiedlung von großen IT-Konzernen und Branchenriesen, Jobchancen und gutes Geld, der Wunsch nach einem Eigenheim und viel zu hohe Kredite – Finanzkrise, Immobilienblase, Ausverkauf. Zwischen Patsys Ermittlungen flicht die Autorin kleine Einblicke in das Leben vieler von der Krise Betroffener ein – Opfern, Tätern, Beteiligten – welche dem Leser eine andere Perspektive zeigen, die letztendlich zum Mord an der Praktikantin geführt haben. Ohne den Fluss der Erzählung oder Ermittlung zu stören, führt die Autorin uns hier nicht zu den großen Tieren am Drücker, sondern erzählt wie die kleine Leute, Leute wie du und ich, unter der Krise zu leiden hatten. Großartig erzählte, kurze, aber doch eindrückliche Szenen, welche die kleinen Dramen aufzeigen, welche die Großen der Welt verursacht haben und die sich einen Dreck darum scheren. Diese Eindrücke erklären, aber berühren einen auch sehr.
Ah, Leid und großartig. Da sind wir auch bei Patsy Logan. Wie ja in der kurzen Einführung schon beschrieben, hat Patsy in diesem Teil auch ihr eigenes Päckchen zu tragen, aber egal wie – Patsy ist und bleibt großartig. Ich mag Patsys schnodderige Art, die ja unter anderem Ellen Dunnes großartigem Schreibstil geschuldet ist. So viele Gedanken, die in Patsys Kopf hin und herfliegen, aber nicht immer so rauskommen, manchmal zu früh, manchmal ganz anders. Man fühlt und leidet mit ihr, aber genauso hartnäckig mischt man sich in den Fall ein und positioniert sich im irischen Ermittlerteam. Patsy ist nicht perfekt, aber die perfekte Protagonistin. Für mich zumindest auf jeden Fall. Und auch wenn Privates der Ermittler in Krimis oft störend wirkt, ist es hier gut verflochten, niemals zu viel und lenkt auch nicht vom Fall ab. Eine sehr gelungene Kombination. Ja, Patsys Gedanken und Seelenleben könnte ich ständig lesen. Ich mag sie einfach. Total gerne.
Fazit:
Patsy at her best – ich fand auch die letzten beiden Teile mit Patsy Logan klasse, aber nicht nur das gewählte Hintergrundthema gefiel mir hier im dritten Teil der Reihe ausnehmend gut, sondern ich finde auch, dass Patsy angekommen ist. Ja, es knirscht und ruckelt, aber das gehört halt im Leben dazu. Irgendwie gehört Patsy einfach nach Irland, so muss das sein. Die Möglichkeit zu bleiben hat sie nun, also könnte es im nächsten Teil doch wieder heißen:
“Es gab da mal eine Polizistin, die arbeitete für die Kripo München. “ (S. 13)
Ich jedenfalls fände das großartig. Aber bis es soweit ist, bitte lest den dritten Teil (und auch den ersten und zweiten, falls ihr die wirklich noch nicht kennt) um eine der grandiosesten Ermittlerinnen aller Zeiten – es lohnt sich!