Georges Simenon – Mein Freund Maigret
Verlag: Diogenes
Übersetzerin: Annerose Melter
203 Seiten
ISBN: 978-3257205060
Der Link führt zur maigret.de Webseite – ein direkter Link zum Buch auf der Verlagswebseite war leider nicht möglich, da das Buch momentan nur antiquarisch erhältlich ist.
Wenn man Proquerolles, welche Simenon genutzt hat, um dort seinen Krimi anzusiedeln, mal mit Google sucht erhält man wunderschöne Bilder von einer Ferieninsel an der Mittelmeerküste Frankreichs. Ein kleines Paradies, welches dazu einlädt eine Auszeit zu nehmen und die wunderschöne Landschaft zu genießen. Der Krimi ist allerdings zu einer Jahreszeit angesiedelt, als noch kaum Urlaubsgäste auf der Insel weilen, so dass der Kreis der Verdächtigen klein und überschaubar ist und zumeist aus Einheimischen besteht. Eine andere Funktion lässt Simenon der Insel nicht angedeihen, denn er tut einfach das, was er so wunderbar kann: er zeigt die Menschen.
Maigret ist genervt. Ein Engländer – Inspektor Pyke – wurde ihm an die Seite gestellt. Der soll die hoch gelobte Methode Maigrets studieren und diese mit nach England nehmen. Und eigentlich hält sich der Engländer vornehm zurück, doch auch das stört Maigret. Wer weiß schon, was der Insulaner so denkt? Zudem passiert gerade wenig, was es sich lohnt dem Engländer zu zeigen. Doch dann wird Maigret nach Proquerolles gerufen. Ein Mann, Marcel Pacaud, wurde ermordet – nachdem er in höchsten Tönen von seinem Freund Maigret geschwärmt hat. Dabei ist Pacaud ein Taugenichts, der denn auch hin und wieder im Gefängnis landete. Maigret hat sich allerdings um seine Freundin Ginette, eine Prostituierte, die an Tuberkulose erkrankt ist, gekümmert. Maigret macht sich, gemeinsam mit Pyke, auf nach Porquerolles, um den Mord zu lösen.
In Porquerolles trifft Maigret auf den eifrigen Polizisten Lechat, der ihm die Einheimischen, aber auch Zugreiste, die dauerhaft auf der Insel leben, bzw. auf Schiffen vor der Insel ankern, zum Verhör anreicht. Dieses Völkchen trifft sich abends in der Arche und hat Pacauds Lobeshymnen vernommen. Hier treffen sich die Ansässigen und die Aussteiger zum Abendessen und Trinken. Lechat führt Maigret alle zur Befragung vor und Maigret lässt es geschehen, um gut vor Pyke auszusehen, doch letztendlich kann er sich dann doch dazu durchringen, seinen Weg zu gehen. Er wandert über die Insel, unterhält sich hier und dort, manchmal mit Pyke als Anhang, aber auch mal ohne.
Die nebenbei geführten Gespräche bringen viel mehr als die Verhöre, die ja einen gezwungenen Charakter haben und schon per se von einigen mit Widerstand belohnt werden. Die Gespräche offenbaren Maigret nicht nur nach und nach das Motiv und den Mörder, sondern zeigen auch das gesellschaftliche Geflecht der Inselbewohner, ihre Gewohnheiten und Geheimnisse. Er zeigt die Menschen wie sie sind, ganz unterschiedlich, nie unfehlbar, immer eigen und einzigartig, selbst die Bedienung im Gasthaus. Und so bleibt Simenon seinem Stil treu und weiß damit doch zu bezaubern.
Ein Maigret Krimi ist wie ein Glas guter Wein – es spricht alle Sinne an und man muss es genießen, um das volle Aroma zu riechen und zu schmecken, man kann den Wein nicht einfach hinunter schütten. Es braucht Zeit, um sich zu entfalten, aber dann überzeugt es auf ganzer Linie.
So ist Simenons Stil und so ist auch Maigret. Auch er braucht eine Weile, doch dann ist er doch tatsächlich auch mit Pyke im Einklang und ganz in seinem Wesen wieder angekommen. Fragt er sich am Anfang ständig, was Pyke wohl denken mag, verliert sich das und er findet sich wieder, zeigt Pyke ganz unbewusst seine viel gerühmte Methode. Und überführt natürlich den Übeltäter. Bravo!
Fazit:
Ein Maigret, wie wir ihn kennen. Zwar bringt ihn der englische Besuch ein wenig aus dem Tritt, doch Maigret findet seine Methode wieder und weiß den Täter zu überführen. Ein wunderbares Buch – in einer traumhaften Kulisse, auch wenn diese nur im Hintergrund auftritt.
26. Dezember 2017 um 17:26
Klingt richtig gut, aber wenn ich das oben richtig seh, ist es beim Verlag momentan nicht erhältlich.
Vllt hat es die Biblio oder zumindest ein Buch von dem Autor, damit ich mal reinschnuppern kann :3
Haben sie natürlich.
Einen Tipp, womit man bei ihm anfangen sollte/könnte ?!
29. Dezember 2017 um 10:13
Nein, keinen Tipp. Ich hab auch mittendrin angefangen und ich denke, dass ist bei der Serie auch kein Problem. Es gibt wenig Privates – es geht wirklich nur um den Fall und der ist ja nach dem Buch abgeschlossen, so dass man jederzeit einsteigen kann, meiner Meinung nach.
1. Januar 2018 um 10:25
Sehr gut, dann werde ich in der Biblio mal stöbern gehen :3